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Hinter Gittern: Leben und Arbeiten in einem Hochsicherheitsgefängnis

© Sonja Wolfer

Inhalt

1. Leben hinter Gittern - Inhaftierte

1.1 Die Erstaufnahme im Gefängnis - Tag 1

1.1.1 Regeln und Ablauf der Aufnahme eines Inhaftierten

 

1.2 Alltag im Gefängnis - ab Tag 2

1.2.1 Zellen

1.2.2 Der normale Tagesablauf eines Inhaftierten beginnt

1.2.3 "Podknast - Wie es wirklich ist"

1.2.4 Wohngruppe

1.2.5 Sicherungsmaßnahmen

 

1.3 Ein Hochsicherheitsgefängnis: Justizvollzugsanstalt Werl

1.3.1 Sicherungsverwahrung in der JVA Werl

1.3.2 Freilassung oder Sicherungsverwahrung?

1.3.3 Die JVA Werl in Zahlen

1.3.4 Betreuung und Behandlung der Inhaftierten in der JVA Werl

1.3.5 Arbeit und berufliche Ausbildung von Gefangenen in der JVA Werl

1.3.6 Besondere Behandlungsmaßnahmen

1.3.7 Sicherheit

1,3,8 Besuche

1.3.9 Brief- und Paketverkehr

 

2 Arbeit hinter Gittern - Beamt:innen im Allgemeinen Vollzugsdienst

2.1 Der Weg zur Beamtin / zum Beamten im Allgemeinen Vollzugsdienst

2.2 Aufgaben

2.3 Arbeitszeiten

2.4 Ausbildungsinhalte

2,5 Tagesablauf eines JVA-Beamten - Beispiel Frühschicht

2.6 Erfahrungen, Erlebnisse und Motvation eines Justizvollzugsbeamten

 

3 Kurioses zum Schluss

 

Leben und Arbeiten hinter den Gittern eines Hochsicherheitsgefängnisses

1 Leben hinter Gittern - Inhaftierte

1.1 Die Erstaufnahme im Gefängnis - Tag 1

Aus welchen Gründen werden Menschen inhaftiert?

  • Untersuchungshaft - U-Haft: Menschen, die dringend tatverdächtig sind oder aufgrund von Verdunklungsgefahr (Einfluss auf Zeugen, Vernichtung von Beweisen etc.) oder Fluchtgefahr inhaftiert werden 
  • Strafhaft: rechtmäßige Verurteilung
  • Beugehaft (selten): Haft, besonders zur Erzwingung einer verweigerten Eidesleistung oder Zeugenaussage (Duden)

Zum Strafantritt werden die Häftlinge in der Regel mit einem eigenen Fahrdienst gebracht. In seltenen Fällen stellen sich Verurteilte auch selbst zum Strafantritt. Dies geschieht bei einem offenen Haftbefehl, z. B. wenn die Verurteilung in Abwesenheit des Verurteilten erfolgt ist.

Zudem gibt es sogenannte Zugänge durch den Umlauf mit einem Sammeltransport): Das sind Gefangene, die mit dem Bus von anderen Haftanstalten gebracht werden.

  • Zugänge durch die Polizei: 2 bis 3 pro Woche
  • Selbststeller: alle 1 bis 2 Wochen einer

 

1.1.1 Regeln und Ablauf der Aufnahme eines Inhaftierten

  • Schleuse: abgesicherter Bereich der JVA
  • Anmeldeformalitäten werden durch die Beamten erledigt.
  • Es erfolgt die Aufnahme der Daten wie etwa die letzte Adresse sowie der Haftgrund.
  • Im Anschluss erfolgt die Durchsuchung des Häftlings noch in seiner privaten Kleidung.
  • Alle persönlichen Gegenstände werden ihm abgenommen, bis auf den Ehering: Taschen, Handy, Bücher, Kleidung, Schmuck und Uhren kommen in einen Beutel, der verplombt wird.
  • Danach muss sich der Häftling komplett entkleiden und es erfolgt eine Sichtkontrolle auf Waffen- oder Drogenbesitz
  • Der Häftling erhält nun die komplette Ausstattung, das sogenannte „Bündel“: Jeans, Schuhe, Pullover, T-Shirt, Unterwäsche und einen dicken Parker für den Winter sowie Handtücher, Bettwäsche und Hygieneartikel, nicht geschärftes Besteck
  • Danach erfolgt ein Gespräch mit dem Häftling, in dem unter anderem geklärt werden soll, ob Suizidgefahr besteht und entsprechende Maßnahmen getroffen werden müssten: z. B. eine gemeinschaftliche Unterbringung
  • Zugangsuntersuchung: Anschließend wird der Gefangene dem ärztlichen Dienst vorgestellt. Hier wird sichergestellt, dass der Häftling alle notwendigen Medikamente und gegebenenfalls Behandlungen erhält. Dies bedeutet auch, dass bei schwer Drogenabhängigen Drogenersatzmittel wie etwa Methadon zur Verfügung gestellt werden. Hier steht eigens ein Methadonarzt zur Verfügung. Selbstverständlich gehört auch ein Alkoholtest dazu, denn im Gefängnis herrscht Alkoholverbot.
  • Schließlich wird dem Gefangenen sein Haftraum im Zugangsbereich zugewiesen.
  • Einzelhaftraum oder Gemeinschaftshaftraum: Hier muss sichergestellt werden, dass die Unterbringung verträglich ist, Konfliktpotenzial minimiert wird. Hierbei werden zum Beispiel religiöse Zugehörigkeit oder Nichtraucherschutz berücksichtigt.
  • Der Gefangene wird in seinen Haftraum eingeschlossen und erhält noch die Verpflegung für den Tag und die Nacht. Möglicherweise hat er noch kein TV-Gerät oder Lesestoff. All das muss beantragt werden.
  • Jeder Strafgefangene erhält ein Vollstreckungsblatt, auf dem seine Straftaten sowie die Strafdauer festgehalten werden. Die Insassen lassen sich dies teilweise von den anderen vorzeigen, um zu wissen, mit wem sie es zu tun haben.

1.2 Alltag im Gefängnis - ab Tag 2

1.2.1 Zellen

  • Unterbringung: Die Unterbringung in einem Einzelhaftraum oder in einer gemeinschaftlichen Unterbringung hat häufig organisatorische Gründe. So geschieht eine gemeinschaftliche Unterbringung oft auf Wunsch der Gefangenen, die nicht allein sein möchten. Auch im Fall von Suizidgefahr werden Häftlinge in einer Gemeinschaftszelle untergebracht.
  • Größe: 7 1/2 bis 10 Quadratmeter
  • Ausstattung: Bett, Tisch, Stuhl, Schrank, Regal, Toilette, Waschbecken abgetrennt durch einen sogenannten Schamvorhang
  • Gemeinschaftsduschräume: Diese dürfen von arbeitenden Häftlingen täglich, von den übrigen Häftlingen mehrmals wöchentlich benutzt werden.
  • Fenster sind zu öffnen, verfügen jedoch über eine Feinvergitterung

1.2.2 Der normale Tagesablauf eines Inhaftierten beginnt.

  • 06:00 Uhr Wecken - Vitalitätskontrolle
  • Ab 07:00 Uhr Arbeit
  • 7:30 bis 8:30 Uhr: Freistunde für U-Inhaftierte
  • Ab 11 Uhr Ausgabe Mittagessen und
  • Freistunde bis 13:00 Uhr
  • 13 bis 15:30 Uhr: Arbeit
  • Ab 15:45 Abendessenausgabe
  • In den Abendstunden haben die Inhaftierten noch die Möglichkeit, zu anderen Gefangenen in den Haftraum eingeschlossen zu werden („Umschluss machen“) oder Sport zu treiben.
  •  Punkt 21 Uhr ist der Einschluss und es beginnt die Nachtruhe. Im Gegensatz zu einer weitverbreiteten
  • Vermutung wird das Licht nicht automatisch ausgeschaltet.

Ein solch geregelter Tagesablauf ist für viele Inhaftierte ungewohnt oder gar neu!

Im Folgenden stelle ich dir eine Auswahl an Videos aus der Reihe Podknast vor, die den Alltag hinter Gittern aus Sicht der Inhaftierten selbst zeigt.

 

Sehr sehenswert!

1.2.3 „Podknast - Wie es wirklich ist“

Tägliche Wäscheausgabe

Hier ein Video aus der Reihe Podknast, das den Alltag von Inhaftierten am Beispiel der täglichen Wäscheausgabe zeigt:

Wäschetausch heißt, dass der Häftling genau für die Wäschestücke, die er bei der Wäscheausgabe dreckig abgibt, im Tausch saubere wiederbekommt: z. B. ein Handtuch, ein T-Shirt, eine Unterhose

Die Wäscheausgabe wird von besonders geprüften und vertrauenswürdigen Gefangenen übernommen.

Vergleichbare zusätzliche Jobs sind:

  • Essensausgabe (nur mit Hygienezeugnis)
  • Badewart

https://www.podknast.de/flash_player/index.php?objId=20813435

 

Das folgende Video zeigt die Freizeitmöglichkeiten von Inhaftierten

https://www.podknast.de/flash_player/index.php?objId=22346372

 

Und hier ein Projekt, das ich besonders beeindruckend finde: „Verrückte Kirchenbank“ der JVA Aachen: Ein Gemeinschaftsprojekt von Inhaftierten und Ehrenamtlichen

Die Kirchenbank war ein Geschenk einer Kirche. Sie wurde gemeinsam von Häftlingen und von Ehrenamtlichen mit deren Gedanken gestaltet. Motto war „Was uns bewegt“. Kurz vor Haftende können die Häftlinge sich dort noch einmal draufsetzen und sich erinnern, wie ihr Weg in der JVA verlaufen ist.

Es finden sich dort Begriffe wie „Hoffnung, Freiheit, Jesus, Love“ und auch Bilder. Hier siehst und hörst du, wie Inhaftierte und Ehrenamtliche das Projekt selbst vorstellen:

https://www.podknast.de/flash_player/index.php?objId=22139893

 

Sozialtherapie im Gefängnis - „Sich öffnen“ - JVA Aachen

„Im Justizvollzug gibt es eine Vielzahl an Behandlungsmöglichkeiten. Eine davon ist die Sozialtherapie, die auch in der JVA Aachen angeboten wird. Was genau passiert dort? Und was müssen Gefangene „mitbringen“, um eine Sozialtherapie erfolgreich zu durchlaufen?“

Zielgruppe: gewalttätig Insassen oder Sexualverbrecher

Hier siehst du den Bericht eines ehemaligen Häftlings, der eine solche Sozialtherapie durchlaufen hat.

https://www.podknast.de/flash_player/index.php?objId=22053782

 

„Knastkultur - ein kreativer Weg“

Auch hinter Gittern findet Kultur statt. So erhalten Inhaftierte die Möglichkeit, an Theateraufführungen, Lesungen, Konzerten, Kunstprojekten und Vorträgen teilzunehmen.

Für einen Inhaftierten ist der Kontakt zu seiner Familie besonders wichtig. Dieser Rap verdeutlicht die Gedanken und Gefühle eines Inhaftierten während seiner Haftzeit. Vom Knast direkt ins Herz.“

„Mama, ich liebe dich!
https://www.podknast.de/flash_player/index.php?objId=21703058 

 

Krimilesung in der JVA Hamm

Sogar Krimilesungen finden in einem Gefängnis statt. Für Krimiautor:innen ein ganz besonderes Expertenpublikum, das einen interessanten Austausch verspricht …

https://www.knastkultur.de/projekte/literatur/lesung_hamm_2022/index.php

 

 

Weitere Beispiele von kulturellen Veranstaltungen und Aktionen findest du unter dem folgenden Link: https://www.knastkultur.de/

1.2.4 Wohngruppe

Manche Häftlinge werden in sogenannten Wohngruppen untergebracht:

Die Entscheidung darüber, welche Insassen die Eignung für eine solche Unterbringung besitzen, trifft die Vollzugsplankonferenz, die einmal jährlich für jeden Häftling stattfindet.

Was bedeutet Wohngruppe?

  • tagsüber bleibt die Zellentür offen
  • der Häftling darf sich frei in diesem speziellen Haftbereich bewegen
  • Essen findet eigenständig statt
  • eine eigene Küche ist vorhanden, wo auch gemeinsam gekocht werden kann

1.2.5 Sicherungsmaßnahmen

Für manche Häftlinge wiederum sind zeitweilige Sicherungsmaßnahmen notwendig.

Folgende Maßnahmen werden dann z. B. getroffen:

  • Einschluss
  • kein Freizeit- bzw. Sportprogramm
  • Isolation (Einzeldusche, Einzelfreistunde, Einzelzelle)
  • Ultima Ratio Fixierung

1.3 Ein Hochsicherheitsgefängnis als Beispiel - Justizvollzugsanstalt Werl

1.3.1 Sicherungsverwahrung in der JVA Werl

Im Volksmund „Langstrafenanstalt“ genannt. Grund ist der hohe bauliche Sicherheitsstandard, der zur Unterbringung überwiegend „langstrafiger“ Gefangener geführt hat.

  • Circa 13 % der Inhaftierten verbüßen eine lebenslange Freiheitsstrafe
  • Circa 11 % befinden sich bereits in der Sicherungsverwahrung

 

Seit Mai 2016 ist die JVA Werl allein für den Vollzug der Sicherungsverwahrung männlicher, die zuvor in Nordrhein-Westfalen lebten, zuständig. Darüber hinaus beherbergt sie das Pädagogische Zentrum (z. B. Schulabschlüsse, Berufsvorbereitung) für den Justizvollzug in NRW.

https://www.jva-werl.nrw.de/aufgaben/zustaendigkeiten/index.php

 

„Nach diesen Gesetzen dienen beide Vollzugsformen dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten sowie dem Ziel, Gefangene und in der Sicherungsverwahrung Untergebrachte zu befähigen, künftig ein Leben ohne Straftaten zu führen. Darüber hinaus dient der Vollzug der Sicherungsverwahrung dazu, die Gefahren, die von den Untergebrachten für die Allgemeinheit ausgehen, so zu mindern, dass die Vollstreckung der Unterbringung möglichst bald beendet werden kann.“

 

https://www.jva-werl.nrw.de/behoerde/index.php

1.3.2 Freilassung oder Sicherungsverwahrung?

Die Entscheidung darüber, ob ein Gewaltverbrecher zum Beispiel nach Verbüßen der Strafe entlassen oder in Sicherungsverwahrung kommt, trifft das Gericht. Hier wird ein sogenanntes Prognose-Gutachten von einem forensischen Psychiater erstellt. Dafür findet oft ein mehrstündiges Gespräch zwischen dem Psychiater und Häftling statt, das ebenfalls Grundlage für die Empfehlung des psychiatrischen Gutachtens ist.

1.3.3 Die JVA Werl in Zahlen

Allgemeines

  • Inbetriebnahme am 01.07.1908
  • Größe des Anstaltsgeländes: ca. 14 ha
  • Größe eines Fußballfeldes im Vergleich: 0,714 ha
  • Länge der Anstaltsmauer: ca. 1.250 m (mit fünf Beobachtungskanzeln)
  •  Anzahl der Hafthäuser: 3
  •  Anzahl der Unterbringungshäuser für Sicherungsverwahrte: 1
  •  Anzahl der Werkhallen: 4
  • Anzahl der Haftplätze für Strafgefangene: 894
  •  davon: 

-        686 Einzelhafträume

-        50 2-Mann-Hafträume

-        36 3-Mann-Hafträume

  • Anzahl der Plätze für Sicherungsverwahrte: 138 (ausschließlich Einzelzimmer)

 

Besuchsmöglichkeiten

Besuchsräume für Strafgefangene:

  • 1 Gemeinschaftsbesuchsraum mit 10 Tischgruppen (à 4 Sitzplätzen)
  • 1 Familienbesuchsraum mit 2 Tischgruppen (à 4 Sitzplätzen)
  • 4 Langzeitbesuchsräume

Besuchsräume für Sicherungsverwahrte:

  • 1 Gemeinschaftsbesuchsraum mit 5 Tischgruppen (à 4 Sitzplätzen)
  • 2 Langzeitbesuchsräume

 

Justizvollzugspersonal JVA (Stand 01.04.2022)
ca. 576 Bedienstete, aufgeteilt auf folgende Dienste

  • 395 Bedienstete des Allgemeinen Vollzugsdienstes, davon 36 Auszubildende

-        52 Bedienstete des Werkdienstes, davon 3 Auszubildende

-        17 Werkaufsichtsbedienstete

-        55 Verwaltungskräfte, davon 7 Auszubildende

-        60 Fachdienstkräfte

  • 16 Psychologen
  • 25 Sozialarbeiter
  • 11 Pädagogen
  • 6 Seelsorger
  • 2 Anstaltsärzte
  • 105 Ehrenamtliche Kräfte: davon zum Teil beide Betreuungsformen wahrnehmend (Briefkontakte, Besuche)
  • 59 in der Gruppenbetreuung
  • 59 in der Einzelbetreuung

 

Arbeit- und berufliche Ausbildung

  •  Eigenbetriebe: 13
  • Unternehmerbetriebe: 3
  • Ausbildungsbetriebe: 3 (mit insges. 20 Ausbildungsplätzen)
  •  Arbeitsplätze gesamt: max. 650 – abhängig von der Auftragslage

https://www.jva-werl.nrw.de/behoerde/behoerdenvorstellung/index.php

1.3.4 Betreuung und Behandlung der Inhaftierten in der JVA Werl

  • Schulische Bildung
  • Zahlreiche Insassen können weder lesen noch schreiben oder sind dazu nur eingeschränkt in der Lage.
  • Berufliche Ausbildung und Arbeit
  • Betreuung und Behandlung durch den Psychologischen Dienst
  • Betreuung und Behandlung durch den Sozialdienst
  • Betreuung und Behandlung durch den Medizinischen Dienst
  • Anstaltsbeirat
  • Gruppenangebote und Einzelkontakte durch Ehrenamtliche: z. B. in Form von Besuchen oder Briefkontakten
  • Freizeitgestaltung

 Weitere detaillierte Infos findest du hier: https://www.jva-werl.nrw.de/aufgaben/betreuung_und_behandlung/index.php

1.3.5 Arbeit und berufliche Ausbildung von Gefangenen in der JVA Werl

Gefangene sind gem. § 29 Abs. 1 S. 2 StVollzG NRW zur Ausübung einer ihnen zugewiesenen Beschäftigung (Arbeit, arbeitstherapeutische Maßnahme, schulische oder berufliche Bildung) verpflichtetSicherungsverwahrte hingegen nicht, ihnen soll eine solche jedoch angeboten werden (§ 31 Abs. 1 S. 1 u. 2 SVVollzG NRW). Die Beschäftigung soll die körperlichen und geistigen Fähigkeiten sowie die Interessen der Insassen berücksichtigen und muss zumutbar sein. Ihnen soll möglichst wirtschaftlich ergiebige Arbeit zugewiesen werden; ist der Gefangene bzw. Untergebrachte hierzu nicht fähig, soll er arbeitstherapeutisch beschäftigt werden.“

Beschäftigungsquote der JVA Werl von 65 % bis 75 % – Schwankungen sind konjunkturell oder jahreszeitenbedingt  - Spitzenplatz in NRW.

 

Solche arbeitstherapeutischen Maßnahmen sind wichtig, denn:

  • die Gefahr, dass die Fähigkeit zum eigenverantwortlichen Handeln während der Zeit im Gefängnis verloren geht, ist sehr groß.
  • den Inhaftierten soll ein geregelter Tagesablauf geboten werden, den viele in ihrem bisherigen Leben gar nicht kannten.

 

Betriebe in der JVA Werl

Eigenbetriebe der JVA: Selbstständige Unternehmen

  • eigene Verantwortung, eigene Produkte: Planung, Herstellung und Vermarktung
  • Kunden: Behörden, Unternehmen und Privatpersonen

Unternehmerbetriebe: Externe Unternehmen

  •  mieten Produktionsstätten der Anstalt
  • lassen ihre Produkte von Gefangenen gegen ein Entgelt herstellen

Oder Betriebe, die ausschließlich für die Versorgung der Inhaftierten zuständig sind:

  • Mahlzeiten
  • Verwahrung der persönlichen Gegenstände der Gefangenen
  • Hygieneartikel
  • Kleidung
  • Pflege der Grünanlagen
  • Versorgungsbetriebe: zum Beispiel Küche

 

Berufliche Vollausbildungen für Insassen:

  • Bäcker
  • Koch
  • Tischler

 https://www.jva-werl.nrw.de/aufgaben/arbeit_und_berufliche_ausbildung/index.php

1.3.6 Besondere Behandlungsmaßnahmen

  •  Pädagogisches Zentrum: z. B. Nachholen von Schulabschlüssen
  • Motivations- und Behandlungsabteilung für Strafgefangene mit vorbehaltener oder angeordneter Sicherungsverwahrung
  • In diesem Teil des Hochsicherheitsgefängnisses sitzen überwiegend Täter schwerer Gewaltverbrechen und Sexualstraftäter ein (deutsches Äquivalent zu einem Todestrakt)
  • Nach Verbüßen der Haftstrafe werden diese Insassen in der Sicherungsverwahrung untergebracht, um die Allgemeinheit vor ihnen zu schützen
  • Psychotherapieabteilung für Gewalt- und Sexualstraftäter - Therapie statt Strafe
  • Gemeinschaftliche Vermittlung in eine Rehabilitationsmaßnahme
    Übergangsmanagement
  • Übergangsmanagement mit Blick auf Sucht, Schulden, Arbeit
  • Hierzu gehören auch vollzugsöffnende Maßnahmen. So findet eine Ausführung Inhaftierter begleitet von Justizvollzugsbeamten statt: Inhaftierte werden zum Beispiel im Öffentlichen Nahverkehr oder zur Bank begleitet.
  • Spanndend ist hier, dass die Insassen sich häufig völlig überfordert zeigen und das „in der Freiheit“ Erlebte oft als abschreckend empfinden. Dazu gehört bei bereits lang Inhaftierten z. B. die intensive und ständige Nutzung des Handys der Menschen, die ihnen begegnen. Manche sind tatsächlich erleichtert, wenn sie wieder in der Sicherheit des Gefängnisses sind.
  • Wenn ein Mensch eine besonders schlimme Tat begangen hat, dann kann er nach der Freilassung unter Führungsaufsicht gestellt werden, um einen Übergang in die Freiheit zu ermöglichen: Der ehemalige Häftling erhält dann Auflagen wie etwa ein Alkoholverbot und sich einmal wöchentlich bei der Polizei zu melden.
  • Wegen Mord Verurteilte dürfen übrigens das erste Mal nach vier Jahren an einer vollzugsöffnenden Maßnahme teilnehmen.
  • Maßnahmen für Gefangene mit besonderer Hilfsbedürftigkeit: z. B. körperliche Hygiene 

1.3.7 Sicherheit

„‘Sicherheit kann vielfältig definiert werden, letztlich geht es jedoch – gerade mit Blick auf das erzwungene Zusammenleben von Personen unterschiedlichster Charaktere und Biografien sowie einer vom Resozialisierungsgedanken geprägten Zusammenarbeit mit den Bediensteten unter diesen Bedingungen – um einen Zustand, welcher unter bestimmten Bedingungen frei von unvertretbaren Risiken ist.

So dient die Sicherheit einer Justizvollzugsanstalt nicht nur dem Vollzug der Strafe an sich, d. h. dem Verhindern von Entweichungen (Gegenwartsaspekt), sondern auch der Schaffung eines Raumes, in dem Gefangene und Untergebrachte durch Wahrnehmung entsprechender Behandlungsangebote befähigt werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (Zukunftsaspekt).“

  • bautechnische Sicherheit
  • administrative Sicherheit: Vorschriften (Hausordnung)
  • soziale Sicherheit: gegenseitige Kontrolle der Inhaftierten

 https://www.jva-werl.nrw.de/aufgaben/sicherheit/index.php

1.3.8 Besuche

Es gelten feste Besuchszeiten, die sich bei Strafhaft oder Sicherungsverwahrung unterscheiden.

  • Den Gefangenen stehen im Rahmen des Regelbesuchs 120 Minuten Besuchszeit im Monat zur Verfügung. Diese Zeit kann zusammenhängend in Anspruch genommen oder auf zwei Besuche von jeweils 60 Minuten Dauer aufgeteilt werden. An Samstagen sind nur Besuche von höchstens 60 Minuten Dauer möglich.
  • Sicherungsverwahrte können fünf Regelbesuche von jeweils 120 Minuten Dauer im Monat durchführen. Diese Besuchszeiten können nicht weiter aufgeteilt werden.
  • Ferner können sowohl Gefangene als auch Untergebrachte mit entsprechender Erlaubnis zweimal im Monat Langzeitbesuche mit einer Dauer von jeweils 180 Minuten durchführen.
  • Den Gefangenen stehen zusätzlich einmalig 120 Minuten pro Monat für Familienbesuche zur Verfügung.
    Unter bestimmten Voraussetzungen sind darüber hinaus auch Sonderbesuche möglich.
  • Sicherungsverwahrte können fünf Regelbesuche von jeweils 120 Minuten Dauer im Monat durchführen. Diese Besuchszeiten können nicht weiter aufgeteilt werden.
  • Ferner können sowohl Gefangene als auch Untergebrachte mit entsprechender Erlaubnis zweimal im Monat Langzeitbesuche mit einer Dauer von jeweils 180 Minuten durchführen.
  • Den Gefangenen stehen zusätzlich einmalig 120 Minuten pro Monat für Familienbesuche zur Verfügung.
  • Unter bestimmten Voraussetzungen sind darüber hinaus auch Sonderbesuche möglich.

 

  • Besucherinnen und Besucher benötigen für jeden Besuch eine gültige Besuchserlaubnis, welche durch den Insassen zu beantragen und auf seine Kosten zu verschicken ist.
    Auf der Besuchserlaubnis müssen alle Besuchernamen genannt sein.
    Kann ein Besuchstermin nicht wahrgenommen werden, ist es sehr wichtig, dass die Besuchsabteilung frühestmöglich benachrichtigt wird.
  • Um einen reibungslosen Besuchsablauf sicherzustellen, sollten die Besucherinnen und Besucher 30 Minuten vor Besuchsbeginn erscheinen. Verspätungen können dazu führen, dass der Besuch nicht mehr durchgeführt werden kann.
  • Sowohl Angehörige als auch Verteidiger, Rechtsanwälte, Notare und sonstige Bevollmächtigte betreten die Anstalt durch die Besucherpforte. Der Besucher hat sich beim Betreten der Anstalt durch einen gültigen Personalausweis, Reisepass oder ein anderes geeignetes Personaldokument, das mit einem neueren  Lichtbild versehen sein muss, auszuweisen. Auch für Kinder ab dem 6. Monat muss ein entsprechendes Ausweisdokument vorgelegt werden. Eine Geburtsurkunde reicht generell nicht aus.
    Ohne gültiges Ausweisdokument werden Sie nicht zum Besuch zugelassen.

https://www.jva-werl.nrw.de/infos/index.php

 

Die Besuchszeiten für Behörden, Rechtsanwälte, Notare, Gutachter, Betreuer oder sonstige Bevollmächtigte gelten analog zu den regulären Regelbesuchszeiten der Insassen.

https://www.jva-werl.nrw.de/infos/besuchszeiten/index.php

 

Grundsätzlich kann ein Inhaftierter von jeder Person Besuch empfangen, wenn er das möchte. Bei der Verhängung von Sicherheitsmaßnahmen geschieht dies allerdings mit Überwachung.

Bei besonders prominenten Häftlingen besteht zudem immer wieder das Interesse von Medienseite, ein Interview mit ihnen zu führen. Hier kann auch der Pressesprecher der JVA als Kommunikator dienen.

 

Familienbesuch

„Insbesondere für minderjährige Kinder ist die Inhaftierung eines Elternteils meist schwer nachzuvollziehen und bewirkt einen Bruch in der Vater-Kind-Beziehung. Dies stellt den inhaftierten Elternteil auch vor die schwierige Aufgabe, während der Inhaftierung einen vertrauensvollen Kontakt zu seinem Kind wieder aufzubauen bzw. aufrechtzuerhalten.

Um die familiären Kontakte zu minderjährigen Kindern besonders zu fördern, besteht ein erhöhtes gesetzliches Besuchskontingent von zusätzlich zwei Stunden im Monat.

Dieser sog. Familienbesuch dient primär der Aufrechterhaltung der Vater-Kind-Beziehung, sodass nur eine erwachsene Begleitperson (Mutter, Großvater o. a.) zugelassen wird. Für diesen Familienbesuch gibt es einen – für das Personal einsehbaren – Raum, der mit Spielzeug für die Kinder ausgestattet und von dem Regelbesuchsraum abgetrennt ist, um eine geschütztere Atmosphäre zu bieten. In diesem Raum können zwei Gefangene gleichzeitig Familienbesuch empfangen.“

 

https://www.jva-werl.nrw.de/infos/Familienbesuch/index.php

1.3.9 Brief- und Paketverkehr

Brief- und Paketverkehr ist Gefängnisinsassen grundsätzlich gestattet. Die genauen Regelungen und Einschränkungen führe ich im Folgenden auf.

Eine kurze, aber spannende Randbemerkung noch: Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass das Klischee vom bestialischen Mörder, der eine besondere Faszination auf manche Frauen ausübt, in der Realität Bestätigung findet.

Männer, die besonders grausame Taten begangen haben, erhalten tatsächlich häufig Post von weiblichen Fans, die teils sogar an einer Beziehung interessiert sind.

„Für Strafgefangene wird der Brief und Paketverkehr in den §§ 18, 21 - 23, 25 - 28, 106 StVollzG NRW geregelt, für Untergebrachte gelten die Bestimmungen der §§ 20, 23 - 25, 27-30, 97 SVVollzG NRW.

Damit Sie ohne Probleme den Kontakt zu Ihrem Angehörigen oder Bekannten halten können, haben wir hier für Sie alle wichtigen Informationen zusammengestellt.

Strafgefangene 

Der Empfang von Paketen bedarf der vorherigen Erlaubnis der Anstalt. Vom Empfang ausgeschlossen sind Pakete, die Nahrungs- und Genussmittel enthalten sowie Pakete, deren Inhalt geeignet ist, die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt zu gefährden. Aus Sicherheitsgründen ist jedes eingehende Paket im Beisein des Gefangenen durch die Anstalt zu öffnen und der Inhalt zu kontrollieren. Ausgeschlossene Gegenstände können zur Habe der Gefangenen genommen, der absendenden Person – auf Kosten des Gefangenen oder des Empfängers – zurückgesandt oder vernichtet werden.

Grundsätzlich kann ein Gefangener uneingeschränkt Schreiben versenden und empfangen. Die Vollzugsabteilungsleiterin/ der Vollzugsabteilungsleiter kann den Schriftverkehr mit bestimmten Personen jedoch untersagen, wenn die Sicherheit und/oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde,

  • Bei Personen, die nicht Angehörige im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch sind, zu befürchten ist, dass der Kontakt mit diesen einen schädlichen Einfluss auf die Gefangenen hat oder ihre Eingliederung behindert,
  • Gefangene mit Opfern ihrer Straftaten in Verbindung treten wollen und durch den Kontakt nachteilige Auswirkungen auf die Opfer oder gefährdete Dritte zu befürchten sind oder diese einer Kontaktaufnahme widersprochen haben.

 

Jede ein- und ausgehende Post wird einer Sichtprüfung auf verbotene Gegenstände (z. B. Geld, SIM-Karten, Drogen) unterzogen. Zudem darf der Schriftwechsel grundsätzlich aus Gründen der Behandlung oder der Sicherheit oder Ordnung kontrolliert werden.
Von der Inhaltskontrolle sind jedoch bestimmte Schreiben von Absendern des in § 26 StVollzG NRW und § 106 Abs. 2 StVollzG NRW genannten Personenkreises ausgenommen. Auch an diese Personen gerichtete Schreiben der Strafgefangenen werden inhaltlich nicht kontrolliert.

Z. B. an

  • Anwalt
  • Ministerium

Ebenso wenig wird der Schriftwechsel zur Ausübung des Wahlrechts überwacht.

Somit gilt das grundgesetzlich geschützte Briefgeheimnis, wenn auch nicht uneingeschränkt, auch für Strafgefangene.

 

Die Kosten des Paket- und Briefverkehrs trägt der Gefangene grundsätzlich selbst.

2 Arbeit hinter Gittern - Beamt:innen im Allgemeinen Vollzugsdienst

2.1 Der Weg zur Beamtin / zum Beamten im Allgemeinen Vollzugsdienst

Qualifikationen

  • Fachoberschulreife oder Hauptschulabschluss mit abgeschlossener Berufsausbildung oder abgeschlossene Ausbildung in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis
  • zum Zeitpunkt der Einstellung mindestens 20 Jahre alt und zum Zeitpunkt der Verbeamtung auf Widerruf regelmäßig noch nicht 40 Jahre alt
  • deutsche Staatsangehörigkeit gemäß Artikel 116 des Grundgesetzes oder die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union
  • absolute Bereitschaft, für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten  
  • Dienstfähigkeit aus amtsärztlicher Sicht

2.2 Aufgaben

  • Sorge dafür tragen, dass die Regeln durch die Inhaftierten eingehalten werden
  • und Ihnen eine Resozialisierung ermöglicht werden kann.
  •  Strukturierung des Tages der Inhaftierten
  • Unterstützung beim Sport
  •  Betreuung bei der Krankenpflege
  • Mitwirkung bei der Beurteilung der Gefangenen
  •  Motivierung der Inhaftierten, ihre Vollzugsziele zu erreichen
  •  zuhören, und Unterstützung bei persönlichen Belangen
  •  enge Zusammenarbeit mit den Fachdiensten
  • Sorge tragen, dass die Gefangenen verantwortungsbewusst und geordnet miteinander umgehen.

2.3 Arbeitszeiten

  • Schichtdienst: Frühdienst, Spätdienst, Nachtdienst
  • Wochenenden und Feiertage
  •  freie Tage in der Woche möglich

2.4 Ausbildungsinhalte

Theoretische Ausbildung: insgesamt 9 Monate:

  • Vollzugsrechtliche Vorschriften und Regelungen
  • Einblicke in Kriminologie, Pädagogik, Kommunikation
  • Sicherungstechniken
  • Waffensicherung

Praktische Ausbildung: insgesamt 15 Monate:

  •  In mindestens 2 Justizvollzugsanstalten
  • Kennenlernen unterschiedlicher Vollzugsformen: Untersuchungshaft, Vollzug, geschlossener Erwachsenenvollzug, offener Vollzug, Jugendvollzug, Jugendarrestvollzug

 https://www.jva-werl.nrw.de/behoerde/Stellen/index.php

2.5 Tagesablauf eines JVA-Beamten - Beispiel Frühschicht

Zentrale:

  • Gab es in der Nacht Besonderheiten?
  • Auftragszettel: z. B. Termin eines Insassen beim Amtsgericht, der von JVA-Beamten begleitet wird.

Kammer - Blauzeugtausch: Die Insassen können Anstaltswäsche tauschen.

 

Abteilung:

  • Übergabe vom Nachtdienst
  • Hausarbeiter bereitet einen Wagen vor mit Frühstück
  • Arbeiter, also arbeitende Häftlinge, bekommen z. B. zwei Scheiben Käse extra (Arbeitsmotivation)
  • Vitalitätskontrolle jedes Gefangenen in der Zelle
  • Verteilung von Frühstück und Medikamenten
  • Einsammeln von Anträgen auf Post sowie Briefe in einer Box -
  • dies erfolgt nur morgens
  • Meldung, dass alle Häftlinge anwesend sind und leben

 

Normaler Tagesablauf

  • Postkontrolle
  • Bearbeitung der Anträge der Insassen:
  • z. B. für die Anschaffung eines TV-Gerätes für die Zelle.
  • Dies kann von den Angehörigen gekauft werden. Bei einem speziellen Fachhändler wird das Gerät kostenpflichtig überprüft. Es darf nicht internetfähig sein und wird zudem nach Lieferung in der Justizvollzugsanstalt kontrolliert und verplombt, bevor der Häftling das Gerät erhält.
  • Postanträge
  • Dispenser für Medikamente werden in den Sanitätsbereich zurückgebracht.
  • Methadonausgabe: Hier erfolgt eine Durchsage für die Häftlinge
  • Arbeitsaufschluss: Nach und nach werden die einzelnen arbeitenden Insassen je nach Arbeitsbereich abberufen und deren Zellen aufgeschlossen: z. B. die Schlosser, dann die Bäcker usw.
  • Müllabgabe. Auch hier erfolgt eine Durchsage und die Inhaftierten zeigen mit einem Lichtruf - vergleichbar zum Krankenhaus, dass sie ihren Müll abgeben möchten.
  • Begleitung von Häftlingen zum Duschraum:
  • Inhaftierten ohne Beschäftigung ist es bis viermal in der Woche erlaubt zu duschen
  • Arbeiter dürfen täglich duschen

Es gibt Gruppenduschräume sowie auch Einzelduschen (z. B. bei Isolierungsmaßnahmen)

 

Betreuung, Begleitung und Aufsicht der Häftlinge:

  • Sport
  • Gespräche
  • Überwachung von Häftlingen im Gespräch mit Besuchern, falls Sicherungsmaßnahmen getroffen wurden

2.6 Erfahrungen, Erlebnisse und Motivation eines Justizvollzugsbeamten

Warum würdest du jemandem deinen Beruf empfehlen?

Es ist ein sehr facettenreicher Beruf. Er ermöglicht die Arbeit mit Menschen in verschiedenen und teils extremen Lebenslagen. Das führt auch dazu, dass man oft in menschliche Abgründe guckt, die man in anderen Berufen oder im sonstigen Alltag nicht zu sehen bekäme. So sind die Reaktionen solcher Häftlinge oft anders als erwartet. Das ist eine tägliche Herausforderung, die den Beruf ebenfalls so abwechslungsreich macht.

 

Gibt es Situationen, in denen du Angst hast?

Angst habe ich nicht, aber Respekt gehört sicher dazu. Grundsätzlich ist der Umgang mit den meisten Inhaftierten jedoch relativ angenehm. Natürlich gibt es Situationen, in denen eine besondere Aufmerksamkeit notwendig ist. Zum Beispiel, wenn ein Häftling suizidgefährdet ist und / oder sich besonders aggressiv verhält. Auch Auseinandersetzungen zwischen Häftlingen können dazugehören.

 

Was thematisieren die Häftlinge im Gespräch mit dir?

Oft geht es um das Thema Geld. Dann beschweren sich viele auch darüber, dass sie nur Pech gehabt hätten, ihnen Unrecht widerfährt, sie die eigentlichen Opfer sind. Da fehlt manchmal ein bisschen Demut und die Einsicht in die eigene Verantwortung.

 

Was sind typische Lügen-Geschichten, die du dir anhören musst?

Ja, aber der Frühdienst hat gesagt, ich darf das zum Beispiel.

 

Könnte es sein, dass ein ehemaliger Häftling Kontakt zu dir aufnimmt, egal ob in positiver oder negativer Weise?

Selbstverständlich trifft man auch manchmal Ehemalige draußen wieder. Dann grüßt man sich, wechselt vielleicht auch ein paar Worte, je nachdem, wie viel man miteinander zu tun hatte. Es kann auch mal Drohungen geben, das gehört sicher dazu.

 

Gibt es Häftlinge, bei denen es dich interessiert, wie es nach ihrer Freilassung mit ihnen weitergeht?

Natürlich gibt es die. Man möchte auch wissen, ob die eigene Arbeit Erfolg hatte, die Resozialisierung gelingt oder gelungen ist. Allerdings beträgt die Rückfallquote ca. 50 Prozent. Manche kehren fünf- bis sechsmal wieder zurück ins Gefängnis, weil sie wieder straffällig geworden sind.

 

Gibt es eine Supervision für Justizvollzugsbeamte?

Die gibt es für mehrere Bereiche in einer Justizvollzugsanstalt. Zweimal im Quartal kommt ein Supervisor von außen, um Themenbereiche wie die Arbeit mit den Inhaftierten oder mögliche Konflikte zwischen den Kolleg:innen zu bearbeiten. Dies beinhaltet eine gemeinsame Bearbeitung der Themen sowie ein Feedback durch den Supervisor.

 

Wie geht ihr mit den Anforderungen eures Jobs um?

Ganz wichtig ist das Gespräch mit den Kolleg:innen, in dem man sich austauschen und auch entlasten kann, wenn das notwendig sein sollte. Die Arbeit im Team, d. h. Kolleg:innen des Vollzugsdienstes oder auch Therapeuten und Sozialarbeiter, spielt eine wichtige Rolle.

3 Kurioses zum Schluss

  • Kaffee, Tabak, TV: Das sind die drei existenziellen Dinge eines Inhaftierten
  • Pendeln: Die Fenster der Zellen sind zu öffnen, verfügen jedoch über eine Feinvergitterung. Diese hält die Insassen allerdings nicht davon ab, z. B. mithilfe eines Fadens oder einer Mülltüte Dinge durch das Gitter in eine andere Zelle zu transportieren (z. B. Feuerzeug), das sogenannte Pendeln.
  •  Die coronabedingte Maskenpflicht, die natürlich auch in der JVA galt, stand in krassem Widerspruch zum Vermummungsgebot und erschwerte die „Arbeit“ der Überwachungskameras enorm.
  •  Zinken: Gefangene sorgen für sich, indem sie gern auch mal einen Mithäftling verpetzen, um für sich einen Nutzen daraus zu ziehen.
  • Geheim-Codes: Die gibt es tatsächlich auch. So verfügen einzelne Nationalitäten zum Beispiel über eine bestimmte, nur ihnen geläufige Fingersprache, um sich miteinander zu verständigen.
  • Hierarchie unter Gefangenen, ja auch die ist vorhanden: So gibt es einen Boss, der über diverse Läufer befehligt. Tabak wiederum dient hier als beliebte Zahlungsmethode und die oben erwähnte Fingersprache zum Beispiel als Kommunikationsmittel.
  •  Alkoholverbot: Gefängnisinsassen versuchen auch dieses Verbot zu umgehen, indem sie z. B. Brot lange kauen und diese Brotstücke in Wasser einweichen, um den Alkohol daraus zu gewinnen. 

Wie du siehst, habe ich in den Gesprächen sehr viel über das Leben und Arbeiten hinter Gittern im Allgemeinen und in einem Hochsicherheitsgefängnis im Besonderen gelernt und hier zusammengetragen. 

 

Für mich als Krimiautorin extrem spannend und auch inspirierend, das gebe ich ohne Wenn und Aber zu.

 

Vor allem aber haben mich all diese Informationen und Geschichten als Mensch beeindruckt und auch berührt. Das, was Justizvollzugsbeamten jeden Tag an menschlichen Schicksalen in ihrem Beruf begegnet, hallt nach und beschäftigt mich sicher noch länger- nicht nur beim Schreiben.

 

Mein Respekt für diesen Beruf ist definitiv noch weiter gestiegen und ich wusste bereits vor meinen Recherchen für diesen Artikel, dass dies so viel mehr umfasst, als der häufig so abwertend verwendete Begriff "Schließer" suggeriert.

 

Und all den ehemaligen Inhaftierten, denen es gelingt,  die Zeit im Gefängnis mit all den Angeboten dort so zu nutzen, dass ihnen die Rückkehr oder der Einstieg in ein dauerhaftes Leben in Freiheit gelingt  gilt mein Respekt

 

Eine erfolgreiche Resozialisierung ist abhängig von allen daran Beteiligten, dem Strafgefangenen selbst sowie den Menschen, die tagtäglich mit ihm arbeiten, ihn überwachen, betreuen und unterstützen.

 

Ich werde im November 2023 die JVA Werl besichtigen und bin heute schon sehr auf meinen Besuch gespannt! Ich werde dir davon berichten.

 

Nun bin ich sehr auf deine Gedanken gespannt. Möglicherweise hast du eigene Erfahrungen, die du mir gern in einer Nachricht schreiben oder mit  anderen und mir in den Kommentaren teilen möchtest.

 

Auch über Fragen, Rückmeldungen zu diesem Blogbeitrag sowie weitere Anregungen freue ich mich immer.

 

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