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Ein Skelett berichtet live aus der Rechtsmedizin ...

... und begibt sich auf die Spuren des Rechtsmediziners Dr. Frank Glenewinkel

  1. Der Blogartikel auch als Podcast-Episoden in Wolfohr lauscht dem Bösen

  2. Wer sind die Auftraggeber der Rechtsmediziner:innen?

  3. Wie sieht die Arbeit der Rechtsmediziner mit der Kripo und der Staatsanwaltschaft aus?

  4. Was geschieht am Leichenfundort?

  5. Was ist das Leichenfuhrwesen?

  6. „Blut ist dicker als Wein“: Was versteht man unter der Blutspurenanalyse und warum ist sie so wichtig?

  7. Die Obduktion
    7.1 Feststellen der Todesursache

    7.2. Todesartenklärung
    7.3 Identifizierung von Leichen
    7.4 Wie viele Rechtsmediziner:innen sind an einer Obduktion beteiligt?
    7.5 Wie lange dauert eine Obduktion im Durchschnitt je nach Todesursache?
    7.6. Was kostet eine Obduktion und wer bezahlt sie?

  8. Was machen die Rechtsmediziner im Rahmen einer Untersuchung sowohl am Leichenfundort als auch im Obduktionssaal?
    8.1. Todeszeitbestimmung

    8.2 Was ist eine Bodyfarm?

    8.3 Radiologische Untersuchungen zur Feststellung der Todesursache

    8.4 Entnahme von Gewebe- und Flüssigkeitsproben von jedem Organ und von jeder Körperflüssigkeit

    8.5 Forensische Osteologie

  9. Rechtsmediziner:innen arbeiten nicht nur mit Leichen?

    9.1 In welchen Fällen arbeiten Rechtsmediziner mit lebenden Personen?

    9.1.1 Verletzungsbegutachtung und -rekonstruktion

    9.1.2 Altersbestimmung

    9.1.3 Kindesmisshandlung

    9.1.4 Vernachlässigung pflegebedürftiger Menschen

    9.1.5 Klinische Rechtsmedizin

  10. Welche Aufgabengebiete gehören darüber hinaus zur Arbeit von Rechtsmediziner:innen?

    10.1 Verkehrsunfallsrekonstruktion

    10.2 Forensische Veterinärpathologie

    10.3 Schriftliche Begutachtungen

    10.4 Mündliche Begutachtung (Gericht)

  11. Die Rechtsmedizin Köln

    11.1 Wie werden die Toten aufbewahrt?

    11.2 Der Obduktionssaal

    11.3 Anzahl an Obduktionen in der Kölner Rechtsmedizin

  12. Rechtsmedizin ist nicht gleich Pathologie?

  13. Haben sich die Kernfragen der Rechtsmedizin im Lauf der Jahrzehnte verändert?

  14. Wie wird man Rechtsmediziner:in und was gehört zu den spezifisch fachlichen Tätigkeitsbereichen?

1. Der Blogartikel demnächst in meinen Podcast "Wolfohr lauscht dem Bösen"!

©️Sonja Wolfer

 

Es ist ein kalter Dezemberabend im Jahr 2022, als ein rotes Auto auf den Parkplatz eines düster aussehenden Gebäudes fährt. Nur wenige Autos stehen noch dort, als die Fahrerin den Motor ausschaltet und ihren Blick über den Platz hin zu der grauen Fassade und der unscheinbar aussehenden Eingangstür wandern lässt.

Dies muss der Nebeneingang sein. Laut der Anweisung, die sie per Mail erhalten hat, darf sie ihn jedoch nicht nehmen.

Der Gedanke an das, was sich hinter dieser Tür verbirgt, verursacht ihr einen Schauder. Würde sie tatsächlich hineingehen, um zu erfahren, was sich dort abspielt? Würde sie all das sehen und hören wollen, was sie aus der sicheren Distanz so fasziniert und gleichzeitig mit einem Gefühl des Grauens erfüllt? Sollte ihre Fantasie ihr nicht reichen, um das fortzusetzen, was sie bereits tut?

Noch einmal holt sie tief Luft. Nein, sie würde es tun! Sie würde nun ihren Rucksack nehmen, aussteigen und den Anweisungen der ihr unbekannten Mailschreiberin Folge leisten.

 

Der Rucksack ist eng, dunkel und stickig. Mein rechter Mittelfußknochen klemmt zwischen Unter- und Oberkiefer, während mein Kreuzbein am Boden des Rucksacks an der Tastatur des Tablets schabt. Herrgott noch mal! Warum muss sie das Ding mitschleppen?

Mühsam schiebe ich meine Beckenknochen zeitlupenartig einen Zentimeter nach links, um den ärgsten Druck abzuschwächen. Jetzt noch … Himmel! Was ruckelt sie so rum? Schnell hake ich meine Fingerknochen in die Augenhöhlen, um nicht völlig durcheinanderzugeraten.

Offenbar steigt sie Treppenstufen hoch – man sollte meinen, das ginge auch ohne ein derartiges Gewackel!

„Hallo! Mörderische Schwestern, richtig?“

„Ja, richtig.“

„Hallo!“

„Hallo!“

„Ich bin Sonja. Ah, wir kennen uns ja schon!“

Na, da klingt sie aber erleichtert. Ist sie sicher froh, nicht allein hineingehen zu müssen. – Ach, und wieder das Geruckel!

„Na, Sonja, hast du dein Skelett auch dabei?“

„Nee, nee. Hatte Angst, das bleibt womöglich hier.“ Verlegenes Lachen.

Tja, liebe Sonja, wenn du wüsstest.

 

Okay, Zeit, mich dir vorzustellen! Ich bin Paul-Paulina. Richtig, ich bin ein Skelett. Und wieder richtig, ich habe mich in einen Rucksack gefaltet – ohne, dass Sonja davon weiß.

Sonja? Ah, selbstverständlich, sie sollte ich dir auch kurz vorstellen. Sonja Wolfer ist meine Autorin, die mich in meinem Musendasein unterstützt. Sie sorgt dafür, dass meine Kreativität eine angemessene Bühne findet, auf der ich mit Brillanz und Ideenreichtum glänze.

Längst dahingeschieden habe ich dennoch den Höhepunkt meines künstlerischen Schaffens bei Weitem noch nicht erreicht. Aufgrund der mir aktuell offensichtlich fehlenden Möglichkeiten, eigenständig meine Karriere zu verfolgen, habe ich mich dem Schreiberling Sonja aufgedrängt, um entsprechende Wege in Richtung einer Solokarriere als erfolgreiche/r Autor/in von Spannungsliteratur auszuchecken.

 

Und dazu gehört nun auch einmal eine ordentliche Recherche. Deshalb sind wir heute hier: in der Rechtsmedizin Köln!

Ja, du hast richtig gelesen, Rechtsmedizin: ein Ort der Toten …

Und ich, Paul-Paulina, das Skelett, werde dir– live vor Ort – von unserem Besuch hier berichten.

 

Der Rechtsmediziner Dr. Frank Glenewinkel wird uns, mich und die Mörderischen Schwestern, in die geheimnisvolle Welt der Rechtsmedizin einführen. Wir werden einen Vortrag erhalten und erfahren, was hier mit meinen Genossinnen und Genossen geschieht, die möglicherweise durch Zutun eines anderen Menschen aus dem Leben geschieden sind. Darüber hinaus werden wir die Möglichkeit erhalten, den Obduktionssaal zu besichtigen.

Ich muss gestehen, eine Vorstellung, die mir eine Gänseknochenhaut verursacht. Dennoch: Wenn Sonja das kann, dann kann ich das erst recht!

Also begeben wir uns nun auf die Spuren eines Rechtsmediziners, um herauszufinden, was sich an diesem düsteren Ort tatsächlich verbirgt.

 

Langsam schiebe ich den Reißverschluss des Rucksacks ein wenig weiter auf, um besser lauschen und hervorlugen zu können.

 

Es geht los: Wir begeben uns in den Hörsaal!

2. Wer sind die Auftraggeber der Rechtsmedizin?

Gleich zu Beginn seines Vortrages im Hörsaal betont Herr Dr. Glenewinkel, dass Rechtsmediziner:innen keine Ermittler:innen sind. Anders als seinerzeit Dr. Quincy – die älteren TV-Zuschauer:innen werden ihn noch kennen – führt ein Rechtsmediziner nicht auf eigene Faust irgendwelche Ermittlungen durch, möglicherweise noch an der Polizei vorbei.

Im Gegenteil: Die Polizei bzw. die Kriminalpolizei, die Staatsanwaltschaft sowie Versicherungsunternehmen und Privatpersonen können Auftraggeber der Rechtsmedizin sein.

 

Aha, auch Privatpersonen? Ich bin gespannt …

3. Wie sieht die Arbeit der Rechtsmediziner mit der Kripo und der Staatsanwaltschaft aus?

Zusammenarbeit: Dr. Glenewinkel erläutert uns, dass die Zusammenarbeit zwischen den Rechtsmediziner:innen und den Vertreter:innen sowohl der Kriminalpolizei als auch der Staatsanwaltschaft sehr gut ist.

Es besteht ein Vertrauensverhältnis, das von gegenseitigem Respekt vor der Arbeit der anderen geprägt ist.

 

Sieh an! Anders als so vielfach in Filmen, Serien und Büchern dargestellt besteht also keine Konkurrenz zwischen ihnen …

 

In diesem Kontext habe ich übrigens den leisen Verdacht, dass auch Sonja bei ihrem Schreiben nicht ganz frei von der Faszination derlei klischeehafter Konflikte ist. Wenn ich da an ihren Krimi denke … Nun denn, dem Reiz kann auch ich mich nicht ganz verschließen, so lass ich sie den ein oder anderen Konflikt zwischen ihrem Rechtsmediziner Dr. DD und der Kriminalhauptkommissarin Marla Kasparek gestalten, wir schreiben schließlich keine wissenschaftlichen Abhandlungen. Weiter also im Text!

 

Tatort: Die Staatsanwaltschaft findet sich bei einem entsprechenden Verdacht auf eine Straftat ebenfalls am Tatort ein, so Glenewinkel; sodass die Rechtsmediziner:innen hier bereits mit deren Vertreter:innen in Kontakt sind und an einem Todesfall zusammenarbeiten.

 

Obduktion: Vertreter:innen der Kripo und/oder der Staatsanwaltschaft können zudem an einer Obduktion teilnehmen, wenn aus Sicht der Staatsanwaltschaft bei einem Todesfall ein Ermittlungsverdacht vorliegt.

 

So viele neugierige Augen und Ohren im Obduktionssaal! Müsste ich als Toter ja nicht haben. Finde den Gedanken, dort so blank herumzuliegen und sich ganz öffnen zu müssen, ohnehin eher erniedrigend.

Himmel, jetzt erzählt er noch, dass ab und an auch mal ein Beamter zusammenklappt. Das ist nun aber wirklich entwürdigend! So eklig sind wir nun weiß Gott nicht! So viel also zum Thema ‚Alles nur Klischee, was Autoren sich da so ausdenken‘.

 

Also weiter! Nachdem die Rechtsmediziner ihre Untersuchungen (Obduktion, Laborbefunde usw.) abgeschlossen haben, geht ein Kurzgutachten per Fax sowohl an die Kripo als auch an die Staatsanwaltschaft. Diese entscheiden dann unter anderem darüber, ob ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird und wann eine Leiche freigegeben werden kann.

 

Das Sektionsprotokoll mit – erst einmal einem – vorläufigem Gutachten ist in der Regel nach wenigen Tagen beim Auftraggeber. Weitere Untersuchungen (Labor, Molekulargenetik, Histologie = mikroskopische Untersuchungen etc.) können bis zum Abschluss dann Wochen oder je nach Fall auch länger dauern. 

 

Beruhigend finde ich, dass die meisten meiner Genoss:innen schon am gleichen oder am nächsten Tag die Rechtsmedizin wieder verlassen und sich zeitnah in Richtung ihrer letzten Ruhestatt begeben dürfen. Dies liegt zum einen darin begründet, dass sich ihr Tod auf eine natürliche Ursache zurückführen lässt. Im Falle eines Tötungsdelikts hingegen steht in den meisten Fällen die Identität der verstorbenen Person fest. Nach Abschluss der rechtsmedizinischen Untersuchung kann dann ebenfalls in den meisten Fällen eine zeitnahe Freigabe der Leiche erfolgen. Denn ob du es glaubst oder nicht, häufig handelt es sich bei den Getöteten um Opfer einer Beziehungstat. Zudem sterben viele Menschen innerhalb des Drogenmilieus, wo Todesursache und Täter bzw. Täterin jedoch häufig nicht so leicht identifizierbar sind.

Überhaupt, so Herr Dr. Glenewinkel, ist die Aufklärungsrate von Tötungsdelikten sehr hoch, bei mehr als neunzig Prozent. Respekt!

 

Gericht: Vor Gericht treffen die Rechtsmediziner:innen schließlich erneut auf die Staatsanwaltschaft und Kripo, wo die Kripobeamten ggf. als Zeugen aussagen. Unter Umständen treffen die Rechtsmediziner als Sachverständige hier auch Geschädigte oder Beschuldigte wieder, die im Laufe des Ermittlungsverfahrens von ihnen körperlich untersucht wurden.

 

Und nun pass auf, jetzt wird es richtig spannend! Die nächste Frage, die uns beschäftigen wird, lautet: 

4. Was geschieht am Leichenfundort?

Leichenfundort, so lernen wir, ist der neutrale Begriff zur Beschreibung des Ortes, an dem eine Leiche entdeckt wird, solange ein Tötungsdelikt noch nicht feststeht.

 

Und wie findet man heraus, ob ein Mensch getötet wurde?

Vorsichtig schiebe ich mich in dem Rucksack ein Stückchen weiter nach oben, um durch den Spalt der beiden Sitze in der Reihe vor mir auf den Rechtsmediziner und die Leinwand linsen zu können.

 

Zunächst, so Glenewinkel, muss der Notarzt, der in der Regel mit den Streifenpolizist:innen zuerst vor Ort ist, den Tod feststellen. Totenflecken, übrigens blau-rot, wie er auf einem der Fotos präsentiert, sind sehr bald am Körper zu sehen.

 

Ich erinnere mich und fand das damals irritierend unschön.

 

Sobald sich ein erster Hinweis auf eine unnatürliche Todesursache ergibt, wird die Untersuchung durch die Notärzte abgebrochen, um keine Spuren zu zerstören.

Dr. Glenewinkel betont in diesem Zusammenhang, dass die Polizei über ein sehr gutes Ausbildungsniveau verfügt und von den Beamten keine Spuren zerstört werden – und wenn das Krimi- oder Drehbuchautor:innen noch so reizvoll erscheint. Nun ja.

 

Die Kriminalpolizei entscheidet vor Ort, ob die Rechtsmedizin kontaktiert wird. Sollte ein/e Rechtsmediziner:in zum Leichenfundort gerufen werden, kann er/sie den Ort sichten und bereits hier wichtige Erkenntnisse zur Todesursache gewinnen.

 

Bei der Fundort-/Tatortbegutachtung tragen die Rechtsmediziner.innen ebenfalls Schutzanzüge, unter denen es, so Dr. Glenewinkel, je nach den äußeren Bedingungen „ganz furchtbar warm oder kalt“ sein kann. So ist es beispielsweise nicht möglich, im Winter eine dicke Jacke darunter zu tragen, was bei einem Leichenfund im Wald unangenehm frisch werden kann. Die Schutzanzüge bieten nicht viel Platz und sind nicht gerade atmungsaktiv.

 

Das Erstere wäre bei meiner zarten Figur kein Problem, das Zweite ohnehin nicht. Auch das nur eine Bemerkung am Rande.

 

Wir sehen nun das Foto einer getöteten Person am Leichenfundort, an deren Kleidung als auch in deren Gesicht zahlreiche Klebestreifen zu sehen sind. Diese Methode der Spurensicherer dient der Suche nach Faserspuren sowie DNA-Spuren, mit denen sich die Kriminaltechnik u. U. in Zusammenarbeit mit einem rechtsmedizinischen Labor nachfolgend zur Identifizierung von Opfer und Täter oder Täterin beschäftigen.

 

Auch die Blutspurenanalyse am Leichenfundort ist ein ganz zentraler Tätigkeitsbereich der Rechtsmediziner, die wichtige Hinweise auf den Tathergang sowie die Todesursache liefert.

Ein Gebiet der Rechtsmedizin, das Dr. Glenewinkel als sehr interessant erachtet und uns Fiktionskriminologinnen mit einer entsprechenden Begeisterung vorstellt. Dazu gleich mehr.

 

Übrigens: Sogenannte Leichenfundorte sind tatsächlich häufig Wohnungen. Den Nachbarn fällt dann irgendwann auf, dass es bereits mehrere Tage in der Wohnung stinkt und die Fenster voller Fliegen sind. Im Sommer, so Dr. Glenewinkel, gab es solche Funde gleich mehrmals pro Tag.

 

Grauenhafte Vorstellung, wenn ihr mich fragt. Bei der Hitze …

Ich spüre, wie auch Sonja zusammenzuckt – und ich weiß, woran sie denkt:

Wenige Jahre zuvor geschah genau das an einem Sonntagabend in ihrem Nachbarhaus. Gerade war die Tagesschau zu Ende und sie wollte den Tatort ansehen, als Blaulicht vor ihrem Wohnzimmerfenster zuckte. Rettungswagen, Notarzt, Polizei und ein junger Mann aus eben jenem Nachbarhaus, der sich auf der Straße übergab. Menschen in weißen Schutzanzügen, die in das Haus gingen, nach einer Weile wieder herauskamen und dann kam der Wagen des Bestattungsunternehmens. – Wenig später wurde ein Leichensack von zwei Mitarbeitern des Bestattungshauses herausgetragen und in das Auto gelegt. Eine ältere Frau aus der Nachbarschaft, die mit einem Polizeibeamten im Gespräch gewesen war, wandte sich zu dem Wagen und sagte: „Mach’s gut, Günni.“

Die Lust auf den Tatort war Sonja gründlich vergangen. Das Leben ist dann doch eine ganz andere Sache als die Fiktion. Hätte ich ihr auch sagen können. Nun ja.

 

Apropos Bestatter: Hast du jemals von einem sogenannten Leichenfuhrwesen gehört? Nein? Dann lies unbedingt weiter!

5. Was ist das Leichenfuhrwesen?

Darunter, mein lieber Lebender, versteht man Unternehmen, die ausschließlich im Auftrag der Polizei Leichentransporte durchführen. Unnötig darauf hinzuweisen, dass auch die Mitarbeiter:innen des Leichenfuhrwesens die nötige Sorgfalt walten lassen, wenn es um den Erhalt von Spuren etwa geht. Schließlich sollte ein Leichenfundort nach dem Abtransport eines Toten nicht wie ein Tatort aussehen – verschmierte Blutspuren, Schuhabdrücke usw. – die nicht von einem Täter stammen. 

 

 

Warum weise ich dennoch darauf hin? Weil ich weiß, dass Sonja es so möchte! „Ist doch beeindruckend, wie viele Menschen an so einem Leichenfundort unterwegs sind, Paul-Paulina! Das muss rein in den Blog!“, kann ich sie förmlich ausrufen hören.

Ihre Fantasie eskaliert, da bin ich mir sicher.

 

Eine der Mörderischen Schwestern kommt hier eine sehr spannende Frage, wie ich finde: Wie wird eine tote Person transportiert, die man in sitzender Leichenstarre vorgefunden hat?

Herr Dr. Glenewinkels Antwort gefällt nicht nur mir: „Das ist zum Glück nicht mein Problem.“

Er erläutert, dass die Leichen dann eben genau in dieser Körperhaltung – zum Beispiel gekrümmt auf dem Rücken liegend –transportiert werden.

 

Kopfkino, ich sage es dir …

 

Mit der Kurzbeschreibung der folgenden Tatortfotos, die uns präsentiert werden, leite ich zum nächsten bereits angekündigten Thema über: Wir sehen ein Messer mit einem Zollstock direkt daneben, eine Leiche auf dem Rücken liegend mit einer Stichwunde am Hals. Es ist viel Blut unter dem Oberkörper und dem Kopf zu sehen.

 

Du ahnst es: Im Folgenden wird es um die bereits angekündigte Blutspurenanalyse gehen.

 

Ich schiele kurz nach oben und staune, dass Sonja sich nach wie vor so wacker hält. Wer hätte das gedacht …

6. „Blut ist dicker als Wein“: Was versteht man unter der Blutspurenanalyse und warum ist sie so wichtig?

Die Blutspuren-Analyse beschäftigt sich mit der Form, Richtung, Ausbreitung und Auftreffwinkel von Blutspuren - und dies bereits seit 1895!

In diesem Bereich arbeiten die Rechtsmediziner:innen Hand in Hand mit den chemischen Kollegen.

 

Und ja, Luminol ist tatsächlich das Mittel der Wahl, um auch latente Blutspuren, die nach einer noch so gründlich scheinenden Reinigung immer noch irgendwo zu entdecken sind.

Luminol, mit einer simplen Sprühflasche auf die relevanten Stellen aufgetragen, bewirkt, dass im Dunkeln Blut leuchtet. Allerdings, so der Hinweis des Rechtsmediziners, könnte es sich bei den im Dunkel blau leuchtenden Spuren aber auch um diverse Reinigungsmittel handeln, was wiederum von deren Zusammensetzung abhängt.

 

Fein, Luminol können wir also weiter entsprechend eindrucksvoll in unseren Romanen ausgestalten. Und auch die Sache mit den Reinigungsmitteln lässt der Fantasie freien Raum: „Ja, wissen Sie Herr Kommissar, ich putze gerne auch mal nur punktuell, wie es halt so nötig ist.“

 

Finden die Rechtsmediziner blutähnliche Spuren am Leichenfundort vor, dann gilt es zunächst, folgende Fragen zu klären:

  1. „Ist es eine Blutspur?
  2. Menschlich oder tierisch?
  3.  Welchem Individuum ist die Blutspur zuzuordnen?“ (Präsentation)

Da muss dann die im Blut enthaltene DNA Aufklärung liefern.
Hier werden verschiedene Tests teils schon durch die Polizei oder die Rechtsmediziner:innen vor Ort durchgeführt.

 

Bei einer Blutspurenmuster-Analyse im Auftrag der Polizei wären typische im Gutachtenauftrag formulierte Fragen beispielsweise:

  1.  „Können Rückschlüsse auf die Körperposition des Geschädigten zum Zeitpunkt  der Verletzungsentstehung gezogen werden?
  2. Ist davon auszugehen, dass auf der Täterbekleidung Blut befindlich war?“
  3. Falls ja, müsste diese nach der Tat für Zeugen in auffälliger Weise sichtbar sein?“ (Präsentation)

Blutspuren-Verteilungsmusteranalyse:

Ziel: Interpretation von Blutspuren (-mustern) hinsichtlich ihrer Tatrelevanz und zur Tatrekonstruktion.“ (Präsentation)

 

Und hier eine hervorragende Übersicht über die „Terminologie Blutspuren“ aus Dr. Glenewinkels Präsentation – nicht nur für Krimischriftsteller:innen.

 

Sonja tippt wie wild mit.

 

Passiv: Blutlache, Ablaufspur, Serumseparation, geronnenes/getrocknetes Blut, Abtropfspur

Kontakt: Abdruckspur, Wischspur, Durchwischspur

Projektion: Spritzspur, Schleuderspur, arterielles Spritzmuster, Backsplatter

Verschiedene: Adähsions-, Kohäsions-, Kapillareffekte, Blasenringe, Blutspurschatten, Fliegen-/Madenspur

 

 

Die Rechtsmediziner untersuchen die Blutspuren an einem Leichenfundort ganz genau, um herauszufinden, ob es Rückschlüsse auf ein dynamisches Geschehen gibt, das auf ein Tötungsdelikt hinweisen könnte:

Aus welcher Höhe und in welchem Winkel ist das Blut auf die Fläche aufgetroffen? Kann man Bubbles erkennen, die auf ausgehustetes Blut hinweisen? Gibt es Kontaktspuren an der Wand oder Spritzer, die wiederum ein dynamisches Geschehen nahelegen? Ist eine große Blutlache am Fundort, gibt es Schleifspuren, Kontaktspuren wie Schuhabdrücke, die die Opfer-DNA am Schuh vermuten lassen? Finden sich Schleuderspuren, die nahelegen, dass das Opfer den Arm hochgerissen hat, möglicherweise weitere Schläge durch den Täter erfolgt sind?

Finden sich sogenannte Bärentatzen – will heißen Ausziehungen an Blutspuren z. B. in Form von Bärentatzen, die Rückschlüsse auf die Ausrichtung beschleunigter Blutstropfen zulassen können?

 

Bärentatzen! Ich habe wieder Kopfkino. Du auch?

 

Finden die Rechtsmediziner ein ruhiges Blutspurbild vor,  könnte das z. B. auf einen Suizid oder aber auch auf einen Unfall hindeuten.

 

Du siehst also, wie wichtig dieser Tätigkeitsbereich der Rechtsmediziner:innen bereits am Fundort einer Leiche ist!

 

Die weiteren Untersuchungen berücksichtigen die am Leichenfundort gemachten Fotos. Dabei gilt es, immer die frühesten gefertigten Fotos zu berücksichtigen!

 

Siehst du, all das und noch mehr, kann ich aus meinem Schlupfwinkel heraus erfahren und ich kann dir sagen: beeindruckend! Allerdings bin ich doch erleichtert, dass ich das, was ich da sehe und höre, nicht riechen muss. Beim besten Willen nicht.

 

Nun muss ich dir gestehen, wird mir flau. Die Schwestern packen aufgeregt ihr Schreibzeug zusammen und ich schaffe es nicht mehr rechtzeitig, mich in die Tiefen des Rucksacks zu verkriechen. Sonja hat mich entdeckt. Verd…!

Entsetzt starrt sie mir in die Augenhöhlen und formt mit ihren Lippen ein lautloses „Spinnst du?!“ Ich zucke nur mit den Schulterknochen. Was hat sie denn auch gedacht? Dass ich mir so eine Gelegenheit entgehen lasse?! Der Mann ist klasse!

Ebenso lautlos versuche ich, meine Frage zu formulieren: „Nimmst du mich mit?“

Nervös sieht sie nach rechts und links und ich kann ihr förmlich ansehen, wie es in ihrem Hirn arbeitet: ‚Mach ich den Rucksack einfach zu und lass das eigensinnige Skelett im Hörsaal?‘

Ich hypnotisiere sie mit meinen dunklen Augenhöhlen: ‚Denk nicht einmal dran. Meine schlechte Laune wird dir tagelang gewiss sein.‘

Wieder sieht sie mich an und dann weiß ich, ich habe gesiegt.

In einem unbeobachteten Moment greift sie hastig nach meiner Unterarmelle und zieht mich aus dem stickigen Rucksack heraus – endlich! Irgendwie schaffen wir es gemeinsam, mich in ihre lange Strickjacke zu bugsieren, wo ich es mir an ihrem Rücken einigermaßen bequem mache.

 

Vorsichtig luge ich hinter Sonjas Schulterblättern hervor und dann ist es so weit: Wir verlassen den kuscheligen Hörsaal und begeben uns zum Obduktionsaal und zu den Kühlzellen!

7. Die Obduktion

Zunächst einmal gilt es zu klären, wann Tote hier im Obduktionssaal landen und das ganze Prozedere einer Sektion durchlaufen müssen, das ich dir gleich vorstellen werde.

 

In welchen Fällen werden Tote obduziert?

7.1 Feststellen der Todesursache

  • Die meisten Obduktionen sind Ausschlussobduktionen: Zweck ist der Ausschluss einer unnatürlichen Todesursache.
  • Sämtliche Kinder, die im häuslichen Umfeld sterben, werden obduziert.
  • Im Falle von todesursächlicher mechanischer Gewalt z. B. Stichverletzungen, also die Anwendung scharfer Gewalt, entscheidet die Staatsanwaltschaft, ob Ermittlungsbedarf besteht.
  • Im Falle von Auffälligkeiten bei der Leichenschau von Krematoriumsleichen und von Überführungsleichen: Zweck ist die eindeutige Klärung der Todesursache, bevor die Leiche nicht mehr zur Verfügung steht.

Ja, Holzauge sei wachsam!

7.2 Todesartenklärung

Z. B. Klärung von Kausalitätsfragen nach Verkehrsunfällen

Da frage ich mich nun doch: Was ist konkret mit Todesartenklärung gemeint in Abgrenzung zur Todesursache? Ich lasse besser Herrn Dr. Glenewinkel erklären:

 

„Todesursache ist der medizinische Grund, warum ein Mensch verstirbt. Todesart ist die juristisch relevante Klassifikation, die sich im Einzelfall aus der Todesursache ergibt:

  • Z. B.: Lungenentzündung auf dem Boden einer Herzschwäche aus innerer Ursache = natürlicher Tod
  • Lungenentzündung im Krankenhaus, nachdem die Person in Folge eines Verkehrsunfalls bettlägerig geworden ist = nicht-natürlicher Tod, da mittelbare Unfallfolge

Dies kann für Angehörige hochrelevant sein. Wenn die Kausalität zwischen Unfall und Tod belegt werden kann, können sich hieraus z. B. Ansprüche gegenüber einer Unfallversicherung ergeben.“

 

Super, das habe ich verstanden. Du auch?

 

Dann weiter mit einem Thema, das selbst ich – und glaube mir, ich habe schon einiges gesehen – allein in der Vorstellung als recht unangenehm empfinde. 

7.3 Identifizierung von Leichen

Die Identität von Toten steht leider nicht immer von Anfang an fest und ich bin heute noch dankbar, dass mir dieses Prozedere erspart geblieben ist. Die Welt wusste seinerzeit sofort, dass Paul-Paulina entschlafen war – doch das mag an anderer Stelle einmal Thema sein.

 

Hier nun eine Übersicht über mögliche Fälle, in denen die Identität von Verstorbenen erst festgestellt werden muss:

 

Todesfälle bei Großschadensereignissen: Flugzeugabsturz, Zugunglücke, Naturkatastrophen mit vielen teils entstellten Leichen oder Leichenteilen

Und hier gibt es tatsächlich eine Zentralstelle des Bundeskriminalamtes, die in solchen Fällen tätig wird:

„Die Identifizierungskommission (IDKO) des Bundeskriminalamtes (BKA) ist eine Kommission, die im Falle einer Katastrophe mit hoher Opferzahl in Deutschland oder einer Katastrophe mit deutschen Opfern im Ausland zusammentritt, um diese zu identifizieren. Ihr gehören nicht nur Polizeibeamte, sondern auch Rechtsmediziner, Zahnärzte sowie Psychologen, Seelsorger und Obduktionsassistenten an (insgesamt ca. 140 Mitarbeiter).

Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Identifizierungskommission

 

  • Wasserleichen: Wasser konserviert eine Leiche erst einmal.

Fein.
Anhand der Leichenveränderungen kann bei Kenntnis der Wassertemperatur unter Umständen eine Einschätzung der Liegezeit im Wasser getätigt werden.
Kopfkino aus, sofort!

  • Z. B. verbrannte Leiche durch einen Verkehrsunfall: Feststellung des Zahnstatus       oder Durchführung von DNA-Vergleichsuntersuchungen (z. B. über einen Vergleich mit einem Wangenschleimhautabstrich einer nahen verwandten Person oder über einen Abgleich mit der Haar- oder Zahnbürste aus der Wohnung der mutmaßlich Verstorbenen).

 

Sonja wird bei der Erwähnung von Wasserleichen und bis zur Unkenntlichkeit Verbrannten nun doch ein wenig blass …

Konzentrieren wir uns also lieber auf Organisatorisches rund um eine Obduktion:

7.4 Wie viele Rechtsmediziner:innen sind an einer Obduktion beteiligt?

Tja, und nun muss ich dir einen Irrtum eingestehen. Tatsächlich ist mir bis zu diesem Tag nicht klar gewesen, wie viele Fachleute an einer Obduktion beteiligt sind.

Es müssen immer drei Personen eine Leiche bearbeiten, mindestens einer muss über eine abgeschlossene Facharztausbildung verfügen. Den Weg zum Facharzt erläutere ich dir am Ende dieses Blogartikels noch.

 

Der sogenannte Erste Dienst übernimmt die verantwortliche Leitung der Obduktion und untersucht zudem später auch die Tatverdächtigen. Während der Obduktion diktiert der Erste Dienst – was nebenbei bemerkt, dann meine favorisierte Tätigkeit wäre.

 

Der Zweite Dienst führt das Handwerkliche durch, während die dritte Person als Sektionsassistent fungiert.

 

Du verstehst nun sicher erst recht, warum ich den Ersten Dienst bevorzugen würde, oder?

 

Insgesamt sind in der Kölner Rechtsmedizin übrigens acht bis zehn Rechtsmedizinerinnen und Rechtsmediziner tätig.

 

Und wie du nun noch erfahren wirst, wird keinem von ihnen langweilig. Denn: Gut Ding will Weile haben.

7.5 Wie lange dauert eine Obduktion im Durchschnitt je nach Todesursache?

  •   akuter Herzinfarkt: Sektionszeit ca. 1 bis 1 1/2 Stunden
  •   Verkehrsunfall: Sektionszeit ca. 2 Stunden oder mehr.·  Stichverletzungen: Sektionszeit häufiger 4 bis 6 Stunden

 

Siehst du? Eine Obduktion ist nicht mal eben so gemacht. Abgesehen davon warten Menschen in der Regel nicht mit dem Sterben, bis wieder ein Plätzchen auf dem Obduktionstisch frei ist. Da liegen dann gern auch mal zwei von uns nebeneinander und werden besichtigt.

 

Und das wiederum kostet. 

7.6 Was kostet eine Obduktion und wer bezahlt sie?

·        Kosten einer Obduktion: ca. 1 000 Euro

·        Auftrag von Polizei oder Staatsanwaltschaft: Der Staat trägt die Kosten.

·        Auftrag privat: Die Auftraggeber (Angehörige, Versicherungen, Berufsgenossenschaften etc.) tragen die Kosten.

 

Und nun geht es ans Eingemachte, ob es uns behagt oder nicht.

8. Was machen die Rechtsmediziner im Rahmen einer Untersuchung sowohl am Leichenfundort als auch im Obduktionssaal?

8.1 Todeszeitbestimmung

  • Stromstoß: Gesichtsmuskeln reagieren nach Todeseintritt noch ca. 6 Stunden lang.
    Anmerkung meinerseits: Es ist unheimlich, wenn ein Toter dir zuzwinkert und die Mundwinkel nach oben zieht. Da kannst du mir sagen, was du willst!
  • Rektalmessung der Körpertemperatur: Entwürdigend, aber was wollte ich machen …
  • Totenflecken (postmortale Hautverfärbungen) entstehen nach circa zwanzig Minuten und bleiben bis zur
  • Fäulnis.
  • Die Totenstarre tritt meist nach 1 bis 2 Stunden ein und lässt nach 2 bis 3 Tagen nach.
  • Grünfäulnis einer Leiche: Beginn u. U. bereits nach einigen Stunden. Ja, eklig, musst du nicht weiter kommentieren.
  • Fliegen- und Madenbefall: Fliegen sind sofort da - am Folgetag Maden - nach 8 bis 10 Tagen bereits kann eine Leiche teilskelettiert sein!
    Hättest du das für möglich gehalten? Mich gruselt es noch immer. Ich hasse Maden!

 

Und es wird nicht besser, denn die Rechtsmediziner:innen forschen immer weiter, um dem Geheimnis eines Todesfalls – dessen Ursache und Zeitpunkt – auf die Spur zu kommen.

 

Sicher hast du schon einmal den Begriff Bodyfarm gehört, oder? 

8.2 Was ist eine Bodyfarm?

Unter einer Bodyfarm versteht man ein sogenanntes Verwesungsgelände, auf dem zu Forschungszwecken Leichen verwesen können.

 

Kein Kommentar.

 

Die Website der Goethe-Universität Frankfurt veröffentlichte dazu am 5. Juni 2019 folgenden Artikel:

„Der Biologe Jens Amendt sucht für das Institut der Rechtsmedizin der Goethe-Universität [Frankfurt/Main] nach einem geeigneten Areal für eine „Body Farm“[…] „Verwesungsgelände“

 

„In der Rechtsmedizin ist die Todeszeitbestimmung maximal in einem Zeitraum bis 48 Stunden nach Eintreten des Todes möglich. Parameter wie Körpertemperatur, Leichenstarre und Leichenflecken sind nach zwei Tagen, manchmal aber auch schon früher, nicht mehr verlässlich. Daher geht es darum, Methoden zu entwickeln, die es ermöglichen, auch zu einem späteren Zeitpunkt Todeszeit und auch -ursache festzustellen“, erläutert Amendt.

 

Du siehst also, ein sicher notwendiger Forschungsbereich, mit dem ich mich hier dennoch nicht weiter beschäftigen möchte. So weit bin ich mental einfach noch nicht.

 

Was machen die Rechtsmediziner:innen also noch?

8.3 Radiologische Untersuchungen zur Feststellung der Todesursache

8.4 Entnahme von Gewebe- und Flüssigkeitsproben von jedem Organ und von jeder Körperflüssigkeit

Im Gegensatz zu einem Pathologen öffnet ein Rechtsmediziner immer den kompletten Körper, das heißt:

·        Kopfhöhle,

·        Brusthöhle und

·        Bauchhöhle

 

Jedes Organ wird entnommen, gewogen, untersucht und einer Gewebeprobe unterzogen. Die Gewichte der einzelnen Organe werden an einer abwischbaren Tafel direkt neben dem Obduktionstisch festgehalten.

 

Der Anblick des Darms auf einem Foto, der in seiner ganzen Länge aus einer Leiche herausgezogen wurde, wird mich und Sonja noch lange verfolgen. Alter Falter!

 

Weißt du eigentlich, was ein gesunder Lungenflügel wiegt?

Das sind etwa 350 Gramm. Der Lungenflügel eines Drogentoten hingegen kann mehr als 1 Kilo wiegen!

Neben den Gewebeproben der Organe wird auch von jeder Körperflüssigkeit eine Probe entnommen.

Sowohl die Gewebe- als auch die Flüssigkeitsproben werden in ganz unscheinbar aussehenden, kleinen Plastikdosen aufbewahrt – diese kommen in ein größeres Döschen pro Leiche! Das war’s!

 

  • Aufbewahrung: 3 Jahre bei Routinefällen, z. B. Herzinfarkt
  • Bei fraglichen Tötungsdelikten immer 10 Jahre. Wenn die Staatsanwaltschaft das beauftragt, auch länger: Cold Cases!
  •  Die Aufbewahrung der Dosen erfolgt in Kühlschränken in der Rechtsmedizin

 

8.5 Forensische Osteologie

Untersuchung von Knochen zur Feststellung von:

·        Artzugehörigkeit: menschliche oder tierische Knochen? 

·        Liegezeit

·        Geschlecht

·        Alter der Knochen

·        Alter des Menschen

·        Todesursache

 

Im Kölner Raum gibt es übrigens zahlreiche Knochenfunde, was nicht zuletzt auf den Krieg und die rege Bautätigkeit in der Stadt zurückzuführen ist.

 

Und dann erfahren wir etwas, womit weder Sonja noch ich gerechnet haben:

9. Rechtsmediziner:innen arbeiten nicht nur mit Leichen?

Liebe Leute, ich fasse es nicht! Eine Ambulanz in der Rechtsmedizin? Sollte ich als Skelett das nicht wissen? Tatsächlich, es gibt eine!

Lebende Personen, die Opfer von mutmaßlicher Gewalt geworden sind, können in der Ambulanz ärztlich untersucht werden.

Untersuchungen lebender Personen erfolgen übrigens oft auch im Auftrag der Polizei nachts, sodass der Bereitschaftsdienst zum Einsatz kommt. Der Bereitschaftsdienst dauert von 16.30 bis 8:00 Uhr morgens.

 

Gut zu wissen, ich werde das weitergeben …

 

Die Ergebnisse der dort durchgeführten Untersuchungen untermauern bei einer Gerichtsverhandlung das Vorliegen einer Straftat.

Rechtsmediziner erstatten bei Gericht häufig ein Gutachten zu den Verletzungen der Opfer. Das muss sehr entlastend sein, denn so müssen die unangenehmen Dinge nicht selbst vom Opfer berichtet und beschrieben werden.

 

Gerne lasse ich die Rechtsmedizin Köln selbst über diesen Arbeitsbereich zu Wort kommen:

„In den modernen Untersuchungsräumen unserer Rechtsmedizinischen Ambulanz untersuchen unsere Ärzte Personen auf etwaige Verletzungen, zum Beispiel bei Verdacht auf Körperverletzung, häusliche Gewalt oder Kindesmisshandlung. Die Verletzungsbefunde werden von uns gerichtsverwertbar dokumentiert.

 

Unsere Biologen und Toxikologen stehen uns hierbei zur Spurensicherung und -analyse zur Seite. Auf der Basis unserer Untersuchungsbefunde erstellen wir Gutachten zur Bewertung der Verletzungen und ihrer Entstehung (Rekonstruktionsgutachten).“ 

 

Kleine Anmerkung von mir, einer bereits dahingeschiedenen Person:

Ich würde es sehr begrüßen, wenn auch wir aus der Friedhofsgemeinde mit unseren kleineren und größeren Gebrechen in Notfällen in der Ambulanz vorstellig werden dürften. Nicht wenige von uns sind nach wie vor von Arthrose und Osteoporose etwa geplagt, sodass es gehäuft zu Unfällen mit Folgeschäden kommt. Ich werde eine entsprechende Petition in einer unserer nächsten Friedhofsgemeinde-Versammlungen einmal anregen.

 

Doch zurück zu den Lebenden mit einem Überblick über die Aufgaben, die die Rechtsmediziner in der Rechtsmedizinischen Ambulanz bearbeiten:

9.1 In welchen Fällen arbeiten die Rechtsmediziner mit lebenden Personen?

9.1.1 Verletzungsbegutachtung und -rekonstruktion

·        Bei Opfern von Straftaten, Tatverdächtigen, Unfallopfern etc.

9.1.2 Altersbestimmung

·       Feststellung der Strafmündigkeit in Zusammenarbeit mit der Radiologie und der Zahnklinik 

9.1.3 Kindesmisshandlung

  • Leider häufig!!!
  •  Wertvoller Hinweis: Erziehungspersonen können bei einem Verdacht z. B. die Rechtsmedizin kontaktieren und ein mögliches Vorgehen absprechen. In der Regel kontaktieren Erziehungspersonen aber das Jugendamt. Das Jugendamt wendet sich dann meist in zweiter Runde an die Rechtsmedizin.

Auch hier sehen wir einige Fotos, auf deren Beschreibung und Kommentierung ich verzichte. Dazu fehlen mir die Worte.

9.1.4 Vernachlässigung pflegebedürftiger Menschen

  • Kommt im häuslichen Umfeld aufgrund von Überforderung der Pflegenden etwa, aber auch in
    Pflegeheimen ab und zu leider vor.

9.1.5 Klinische Rechtsmedizin

·       Selbstbeschädigungsbegutachtung: Versicherungsbegutachtung - Münchhausen-Syndrom

10. Welche Aufgabengebiete gehören darüber hinaus zur Arbeit von Rechtsmediziner:innen?

10.1 Verkehrsunfallsrekonstruktion

·    Zum Beispiel soll hier die Frage geklärt werden, wie lange die Personen noch gelebt haben, wie der Unfall abgelaufen ist, wer zum Unfallzeitpunkt auf dem Fahrersitz gesessen hat, ob ein Sicherheitsgurt getragen wurde oder ob z. B. eine innere Erkrankung den Unfall ausgelöst hat. 

10.2 Forensische Veterinärpathologie

Wie bitte? Auch Tiere werden von den Rechtsmedizinern auseinandergenommen?

 

Tatsache! Auch Tiere werden im Auftrag der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit einem menschlichen Todesfall zur Klärung der Todesursache untersucht.

So stellt uns Dr. Glenewinkel den Fall eines Tigers vor, der eine Tierpflegerin getötet hatte. Der Zoodirektor hat ihn erschossen, was in den Sozialen Medien zu einem Shitstorm geführt hatte: Vorwürfe wurden geäußert, der Tiger sei nicht gefüttert worden und habe unter Medikamenten gestanden, hätten zu dem tödlichen Verhalten des Tigers geführt.

Die Obduktion des Tigers erbrachte dann jedoch das Ergebnis, dass das Raubtier einen vollen Magen hatte, zudem keinerlei Drogenspuren in seinem Körper zu finden waren.

 

Auch das Bild des riesigen ausgeweideten Tigers auf dem Obduktionstisch werde ich so schnell nicht vergessen, glaube mir!

10.3 Schriftliche Begutachtungen

Aktengutachten zum Beispiel zu Fragen der Verletzungsentstehung, zur Plausibilität von Angaben der Verletzten und Tatverdächtigen zum Tatablauf oder zu Fragen einer möglichen ärztlichen Fehlbehandlung („Kunstfehler“).

10.4 Mündliche Begutachtung (Gericht)

Es werden häufig mündliche Gutachten sowohl zu lebenden Personen als auch zu Verstorbenen vor Gericht erstattet. Zu beachten ist dabei, dass Rechtsmediziner immer unparteiisch ihre Gutachten, nicht aber die Personen dahinter vertreten. Das machen Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen.

11.  Die Rechtsmedizin Köln

Die Rechtsmedizin Köln ist sowohl für die kompletten Großräume Köln als auch Aachen zuständig. Zudem gehört die Untersuchung von Leichen im Katastrophenfall mit hohen Opferzahlen in NRW zu ihrem Aufgabenbereich.

 

Damit wird uns klar, hier braucht es Platz, oder?

11.1 Wie werden die Toten aufbewahrt?

Wir stehen in einem kurzen Gang zwischen zwei Glasschiebetüren. Die rechte besteht aus Milchglas, die linke lässt den Blick in einen dunklen Raum zu, an dessen hinterer unterer Wand nur ein merkwürdiger blauer Lichtstreifen zu sehen ist. Unheimlich.

Da Sonja weiter hinten steht und ich aufgrund ihrer Größe nicht sofort erkennen kann, worum es sich bei diesem Raum handelt, versuche ich, über ihre Schultern einen besseren Blick in den Raum zu erhaschen. Mein Blick fällt zuerst auf ein Schild neben der Glastür: Kühlzellen

Mir wird kalt. Hier liegen sie also, meine Genossinnen und Genossen.

Dann sagt eine der Mörderischen Schwestern: „Man riecht es aber schon!“

Bitte?! Ich dachte, die Anlage ist so hervorragend, dass alles widerlich Olfaktorische abgesaugt wird? Hat er das nicht zu Beginn seines Vortrags versichert?

Ich habe es kaum zu Ende gedacht, da lüpft Sonja kurz ihre Maske und nimmt einen Atemzug, dann noch einen und noch einen. Geht’s noch? Möchte sie hier gleich kollabieren und ich stehe dann da und muss mich erklären?

In diesem Moment schaltet Dr. Glenewinkel das Licht in dem Raum an und wir sehen sie: Tür an Tür reihen sich die Zellen, in denen sie liegen.

Und dann öffnet er eine davon und Sonjas Kinnlade fällt runter: Wir stehen vor einem geschlossenen Leichensack.

„Ich dachte, die Zelle ist leer!“, flüstert sie mir fassungslos zu. Mädel, was hast du denn erwartet! 

 

Besser, wir konzentrieren uns wieder auf ein paar Daten und Fakten.

 

Die Aufbewahrung von Leichen erfolgt bei 4 bis 6 Grad in sogenannten Kühlzellen

·        Leichen dürfen nicht eingefroren werden! Beim Auftauen würde nämlich Gewebe zerstört werden.

·        Leichen werden auf sogenannten Stellagen in Leichenbergehüllen in den Kühlungszellen aufbewahrt.

·        Dauer: in der Regel nur 1 bis 3 Tage, da in den meisten Fällen dann die zur Freigabe erforderlichen Untersuchungen abgeschlossen sind.

·        Am längsten vor Ort war eine Leiche, die rund 3 Jahre in einer der Kühlungszellen aufbewahrt wurde. Auch ein solcher Körper verändert sich natürlich im Lauf der Zeit, kann jedoch bei Bedarf immer noch zum Beispiel DNA-Spuren liefern, falls es in einem solchen Fall neue Erkenntnisse gibt.

·       Im Katastrophenfall kann sogar ein kompletter Raum auf 4 bis 6 Grad heruntergekühlt werden, dass eine große Anzahl von Opfern aufbewahrt und untersucht werden kann.

 

Und dann wenden wir uns nach rechts der Milchglastür zu, die sich langsam öffnet und den Blick auf den Obduktionssaal freigibt. Ich spüre Sonjas Erleichterung. Die Frau ist und bleibt seltsam.

11.2 Der Obduktionssaal

Wir betreten einen Raum, in dem vier Sektionstische nebeneinander aufgereiht stehen. Die Frage einer der Mörderischen Schwestern, wer sich denn nun auf einen der Tische legen möchte, bleibt unbeantwortet im Raum hängen. – Nein, ich auch nicht! Brauchst du erst gar nicht nachfragen!

Dr. Glenewinkel präsentiert uns die Werkzeuge, wie diverse Scheren und was weiß ich noch alles, mit denen die Toten bearbeitet werden und die an jedem Tisch griffbereit zur Verfügung stehen. Gruselig. Auch die oszillierende Säge, mit der der Schädel geöffnet wird, steht in einer Ecke des Raumes. Und natürlich geht Sonja noch ein paar Schritte darauf zu, um sie näher in Augenschein zu nehmen. Himmel! Irgendwann wird auch sie mich verstehen.

 

Hier noch ein paar Zahlen, die meine Nerven beruhigen – zumindest ein wenig.

11.3 Anzahl an Obduktionen in der Kölner Rechtsmedizin

·       Aktuell über 1 000 Sektionen pro Jahr

·       Die Sektionszahlen pro Tag differieren: typischerweise 3 bis 8 Sektionen pro Tag.

·       Während Corona ist die Zahl der rechtsmedizinischen Untersuchungen aufgrund häuslicher Gewalt erstaunlicherweise nicht gestiegen. Die Dunkelziffer dürfte wahrscheinlich höher sein.

12. Rechtsmedizin ist nicht gleich Pathologie?

Und nun noch eine Information für alle, die von einem Pathologen sprechen, wenn sie einen Rechtsmediziner meinen.

Solltest du dazugehören, liegst du da leider völlig falsch!

 

Eine gerichtliche Sektion ist nicht gleich einer pathologischen SektionPatholog:innen untersuchen nicht immer den kompletten Körper – im Gegensatz zu Rechtsmediziner:innen.

 

Ein Pathologe kann ebenfalls Verstorbene untersuchen. Diese sind jedoch eines natürlichen Todes gestorben. Die Aufgabe des Pathologen ist es, die Todesursache zu klären, also etwa Herztod, Tumor usw.

Lebende – und dazu gehörst vielleicht auch  du – wissen aus eigener Erfahrung, dass Teile ihres Körpers einer Gewebeprobe unterzogen werden können. Dies führt dann häufig zu einer Diagnose und einer entsprechenden Therapie, falls notwendig.

 

Und zum Schluss: Der von Fernsehkrimis so gern dargestellte Y-Schnitt an einer von einem Rechtsmediziner obduzierten Leiche ist ebenfalls nicht korrekt: Dieser wird von Pathologen durchgeführt.

Rechtsmediziner:innen öffnen den Körper zur inneren Leichenschau vom Mundboden bis zum Schambein mit einem geraden Schnitt.

 

Und auch hier muss eine der neugierigen Schwestern noch unbedingt wissen, ob man den Körper dann dennoch vollständig zur Seite aufklappen kann. Muss das sein? Die Leute werden hier schon wissen, wie man an die Organe rankommt, das muss ich nicht noch ausführlich erklärt bekommen.

 

Gott sei Dank scheint auch Sonja das ähnlich zu sehen, denn sie bewegt sich langsam in Richtung Ausgang des Saals. Ich atme durch. 

13. Haben sich die Kernfragen der Rechtsmedizin im Lauf der Jahrzehnte verändert?

·       Im Jahr 2022 sind sie im Grunde immer noch gleich wie früher.

·       Neu sind eine Vielzahl von wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen wie der Einsatz z. B. von Röntgentechnik, Luminol und die RNA- und DNA-Analysevon. Schaue dazu gern in meinen Blogartikel über die Arbeit echter Mordermittler:innen.

 

Die Kenntnis nicht nur all dieser Entwicklungen setzt natürlich ein umfangreiches Know-how voraus. Wie umfangreich das ist, wird dir deutlich werden, wenn du dir die Übersicht über den Werdegang von Rechtsmedizinerinnen und Rechtsmedizinern anschaust, die ich dir am Ende des Artikels noch zusätzlich einfüge.

Ja, es ist ein wahnsinnig beeindruckendes Erlebnis hier in der Rechtsmedizin Köln. Sehr viel Input, spannende, berührende und auch verstörende Informationen, die sowohl Sonja als auch ich erst einmal verarbeiten müssen.

 

Du kannst mir glauben, ich habe es nicht bereut, mitgefahren zu sein!

 

Im Gegenteil: Ich habe in der Rechtsmedizin Köln viel erfahren, und das in einer Form, die ich mir so gar nicht vorgestellt hatte. Herr Dr. Glenewinkel hat uns seinen Beruf mit den vielfältigen Aufgaben und Tätigkeitsbereichen in einer für Laien hervorragend nachvollziehbaren Weise und mit einem Engagement präsentiert, das beeindruckend ist.

 

Gerne zitiere ich hier meine Autorin Sonja, die mich – nun im Auto sitzend – ansieht und sagt: „Paul-Paulina, ich freue mich jetzt schon aufs Weiterschreiben! Und ich weiß genau, welche Figuren aus Der Gottesacker demnächst in der Ambulanz der Rechtsmedizin auftauchen werden. Die werden sich noch wundern!“

 

Ach, sieh mal an! Da haben wir wohl ähnliche Gedanken …

 

Ganz herzlichen Dank, Herr Dr. Glenewinkel, für Ihre Präsentation sowie Führung und für die tolle Unterstützung bei meinem Blogartikel sowie für dessen Freigabe!

 

Dir, liebe Leserin, lieber Leser, danke ich für dein Interesse! 

 

Wenn du noch mehr erfahren möchtest - z. B. weitere spannende Infos aus der Rechtsmedizin München, dann lies gerne den Blogartikel meiner Mörderischen Schwester Rosemarie Benke-Bursian , die über ihren Besuch dort in ihrem Blogartikel berichtet, den ich dir hier ebenfalls verlinke. Mehr zum Thema Rund ums Schreiben und vieles mehr findest du zudem auf ihrer Website.

 

Ich freue mich sehr auf deinen Kommentar, deine Ideen, Fragen und Anregungen.

 

Wie immer grüße ich dich mit einem

herzlichen Memento Mori!

 

Dein-deine Paul-Paulina

Und hier noch wie versprochen eine Übersicht über die Facharztausbildung von Mediziner:innen zu Rechtsmediziner:innen:

14. Wie wird man Rechtsmediziner:in und was gehört zu den spezifisch fachlichen Tätigkeitsbereichen?

Facharzt/Fachärztin für Rechtsmedizin (Rechtsmediziner/Rechtsmedizinerin) dürfen sich Mediziner und Medizinerinnen nennen, die eine fünfjährige Facharztausbildung absolviert haben.

 

Einen hervorragenden Überblick über die Inhalte der Facharztausbildung bietet die Website der Ärztekammer Nordrhein, die ich hier gerne in Auszügen vorstelle:

14.1 Definition

„Das Gebiet Rechtsmedizin umfasst die Entwicklung, Anwendung und Beurteilung medizinischer und naturwissenschaftlicher Kenntnisse für die Rechtspflege sowie die Vermittlung arztrechtlicher und ethischer Kenntnisse für die Ärzteschaft.

[…]

14.2 Weiterbildungszeit

60 Monate […] davon:

·        6 Monate im Gebiet Pathologie

·        6 Monate in Psychiatrie und Psychotherapie oder Forensische Psychiatrie

 

·       können 6 Monate im Gebiet Pathologie oder in Anatomie, Öffentliches Gesundheitswesen, Pharmakologie und Toxikologie, Psychiatrie und Psychotherapie oder Forensische Psychiatrie angerechnet werden

14.3 Weiterbildungsinhalt

Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in

·        der Durchführung der Leichenschau

·        der rechtsmedizinischen Sektionstechnik und Bewertung der makroskopischen und mikroskopischen Befunde einschließlich histologischer Untersuchungen

·        der Darstellung des Kausalzusammenhangs im Rahmen der Todesermittlung unter Auswertung der Ermittlungsakten und Untersuchungsergebnisse

·        der Erstattung von schriftlichen und mündlichen Gutachten über Kausalzusammenhänge im Rahmen der Todesermittlung und zu forensisch-psychopathologischen Fragestellungen

·        der Asservierung, Auswertung und Beurteilung von Spuren

·        der Beurteilung von Verletzungen bei Lebenden, insbesondere in Fällen von Kindesmisshandlung und Sexualdelikten

·        der Beurteilung von Intoxikationen bei Lebenden und Leichen einschließlich der Materialsicherung

·        den Grundlagen der forensischen Molekulargenetik unter spezieller Berücksichtigung der Paternität und Identifizierung

·        strafrechtlichen, verkehrs- und versicherungsmedizinischen Fragestellungen einschließlich forensischer Biomechanik

·        forensischer Traumatologie

·        forensischer Anthropologie einschließlich forensischer Odontologie

 

·        den Grundlagen der forensischen Anwendung von bildgebenden Verfahren

14.4 Definierte Untersuchungs- und Behandlungsverfahren

·        Beschreibung und Bewertung von Leichenschaubefunden

·        Befunddokumentation und -beurteilung von Tat- und Fundorten

·        gerichtliche Obduktionen mit Begutachtung des Zusammenhangs zwischen morphologischem Befund und Geschehensablauf

·        histologische Untersuchungen

·        Beurteilung von Spurenbildern und Spurenasservierung

·        mündliche und schriftliche Gutachten für das Gericht

 

·        forensisch-osteologische bzw. -odontologische Expertisen

 

Tod und Teufel, das ist beeindruckend! 

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